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News: Mehr Chaos - mehr Licht

Deutsche und amerikanische Wissenschaftler haben zusammen einen Mikrolaser entwickelt, der so dünn wie ein Haar ist und in dessen Innerm Lichtstrahlen chaotisch hin- und herreflektiert werden, bis sie an vier Stellen zugleich austreten - mit einer tausendfach höheren Intensität als bei herkömmlichen Halbleiter-Lasern.
Knappe 0,05 Millimeter Durchmesser hat der Mikrolaser, den die Forscher des Max-Planck-Instituts für Physik komplexer Systeme mit ihren Kollegen der Yale University in New Haven und der Lucent Technologies' Bell Laboratories in Murray Hill entwickelt haben (Science vom 5. Juni 1998). Der winzige Zylinder gehört damit zu den kleinsten Halbleiterlasern der Welt. Seine größeren Verwandten begleiten uns auf Schritt und Tritt durch den Tag, zum Beispiel in CD-Playern. Der hauptsächliche Unterschied besteht jedoch nicht in der Größe, sondern in der Form des Halbleitermaterials. Denn um das perfekt synchronisierte Licht eines Lasers zu bilden, muß das Licht in einem geeigneten Resonator eingefangen werden. Die frühen Mikroresonatoren waren völlig runde Scheiben, in denen das Licht sich ansammelte, indem es am Rand des Resonators entlangwanderte.

Das Licht wird durch Totalreflexion am Austreten gehindert. Wenn es sich in einem optisch dichteren Medium befindet und in einem Winkel, der größer als ein bestimmter Grenzwinkel ist, auf den Übergang zu einem optisch dünneren Medium trifft, wird es vollständig zurückgeworfen. Auch der neue Mikrolaser nutzt diesen Effekt, da er ein geringes Resonaturvolumen ermöglicht. Doch anders als bei runden Resonatoren fängt er das Licht in einer Schleife, die an eine Fliege für den Smoking erinnert. Der Grund dafür ist im ovalen Querschnitt des Mikrozylinders zu sehen, den das Licht auf chaotischen Wegen durchwandert.

Bereits früher haben Frederico Capasso, Leiter des Semiconductor Physics Research departments und Jérôme Faist (jetzt an der Université des Neuchâtel) den Quanten-Kaskaden-Laser erfunden, der wie eine Art elektronischer Wasserfall arbeitet. Mehrere Lagen Gallium-Indium-Arsenid und Aluminium-Indium-Arsenid sind mit atomarer Präzision aufeinandergestapelt, so daß Infrarotlicht entsteht, wenn ein Strom durch den Stapel fließt. Als diese Technik mit den asymmetrischen Resonatoren (asmmetric resonant cavities) kombiniert wurde, war der neue Mikrolaser geboren.

Die Form ermöglicht es ihm, das Laserlicht als fokussierten Strahl abzugeben, was bei runden Resonatoren nicht der Fall war. Ovale Zylinder, in denen sich das Licht nach den Regeln des deterministischen Chaos fortpflanzt, lassen dagegen in bestimmte Richtungen gut gebündelte Strahlen austreten (linkes Bild). Bei dem neuen Mikrolaser wurde das ganze auf die Spitze getrieben, indem der Zylinder so länglich gestaltet wurde, daß gar kein Licht mehr am Rand entlanglief (rechtes Bild). Als Folge ergaben sich vier Laserstrahlen hoher Intensität.

Asymmetrische Mikrolaser verbrauchen nur wenig Energie und verfügen über winzige Ausmaße. Sie könnten in Zukunft auf Chips für optische Computer ebenso eingesetzt werden wie in der Telekommunikation über Glasfaserkabel. Schon heute werden Infrarotlaser in der Schadstoffkontrolle und bei der medizinischen Analyse von Atemgasen eingesetzt. Der kleine Laser stellt einen großen Schritt in das neue Zeitalter der Photonik dar.

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