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Evolution des Menschen: Mensch trägt Neandertalergene

Knochenfragmente als Erbgutquelle
Die Neandertaler sind evolutionsgeschichtlich unsere nächsten Verwandten. Sie lebten vor 160 000 bis 30 000 Jahren in Europa und im Vorderen Orient. In Europa teilten sie mindestens zehn Jahrtausende lang ihr Territorium mit dem modernen Homo sapiens, der vor 46 000 bis 40 000 Jahren über den Nahen Osten aus Afrika nach Europa vorstieß, im Nahen Osten lebten beide Menschenarten sogar bereits mehrere 10 000 Jahre zuvor gleichzeitig. Gab es in dieser Zeit eine Vermischung zwischen beiden Spezies? Diese Frage wird seit längerem – nicht nur unter Fachleuten – heiß diskutiert. Die bisherigen Befunde dazu waren allerdings widersprüchlich.

Knochenfragmente als Erbgutquelle | Diese Knochen dreier weiblicher Neandertaler aus Kroatien lieferten mehr als eine Milliarde DNA-Fragmente, aus denen sich nun das Gesamtgenom der Frühmenschenart entziffern ließ.
Forschern um Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig ist es nun gelungen, das Neandertaler-Genom zu entziffern. Damit kann es mit dem schon vor knapp zehn Jahren sequenzierten Erbgut von Homo sapiens verglichen werden. Die Wissenschaftler aus Leipzig zogen für diesen Vergleich fünf heutige Menschen aus Afrika, Asien und Europa heran. Die größte Ähnlichkeit zum Neandertaler weisen Nicht-Afrikaner auf. Überraschenderweise kommen auch in Ostasien Gene vor, die typisch für diesen Frühmenschen sind, obwohl von ihm dort bisher keine Überreste zu finden waren. Daraus schließen Pääbo und Kollegen, dass sich Vertreter des modernen Homo sapiens vor 100 000 bis 50 000 im Nahen Osten mit Neandertalern kreuzten, bevor sie sich in Europa und Asien in verschiedene Gruppen aufspalteten.

Mehr noch als die Gemeinsamkeiten interessieren die Wissenschaftler aber Genbereiche, die den Menschen von seinem nächsten Verwandten unterscheiden. Sie könnten erklären, warum der moderne Mensch einen evolutionären Vorteil gegenüber dem Neandertaler genoss und nicht ausstarb. Bisher fand das Team um Pääbo 212 solcher Abweichungen. Sie beeinflussen unter anderem die geistige und kognitive Entwicklung, den Energiestoffwechsel und die Skelettentwicklung.

Julia von Sengbusch

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