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Klimawandel: Menschlicher Einfluss macht Ameisen aggressiver

Kaum ein Lebensraum verändert sich so stark wie die Gebirge. Das stresst auch alpine Ameisen. Klimawandel und Verbrennungsprodukte aus Motoren lassen die Tiere öfter kämpfen.
Kämpfende Ameisen auf einem vertrockneten Blatt
Je nach Umweltbedingungen können Ameisen verschiedener Kolonien friedlich interagieren oder – wie hier – miteinander kämpfen. Aggression kann Vorteile bei der Nahrungssuche verschaffen, kostet aber auch Energie.

Klimawandel und Umweltverschmutzung führen zu mehr Kämpfen zwischen Ameisenkolonien. Zu diesem Schluss kommt eine Arbeitsgruppe um Patrick Krapf von der Universität Innsbruck anhand von Untersuchungen an der Ameisenart Tetramorium alpestre. In einem Vergleich von Kolonien aus verschiedenen Regionen erwiesen sich Ameisen, die bei höheren Temperaturen lebten, als um ein Vielfaches aggressiver, schreibt das Team in der Zeitschrift »Science of the Total Environment«. Außerdem machte mehr Stickstoff im Boden – eine Folge von landwirtschaftlicher Düngung und Verbrennungsprozessen in Motoren – die Ameisen ebenfalls feindseliger. Da diese Einflüsse des Menschen zunehmen, fürchten die Fachleute, dass sich der steigende Level an Aggression langfristig negativ auf die Ameisenkolonien auswirkt.

Tetramorium alpestre ist eine etwa drei bis vier Millimeter lange, bräunlich gefärbte Ameise, die in offenem Grasland in etwa 1300 bis 2300 Meter Höhe lebt. Aggression gegenüber Ameisen aus anderen Kolonien ist Teil ihres normalen Verhaltens, zeigt sich aber sehr unterschiedlich. Wie aggressiv die Ameisen sind, hängt von der genauen Situation und den Umweltbedingungen ab. Aggressiver zu sein, kann Ameisenkolonien einen Vorteil bei der Nahrungssuche verschaffen und das Territirium vergrößern, andererseits kostet es auch Energie und erhöht die Sterblichkeit der Arbeiterinnen.

© Patrick Krapf
Aggressive Ameisen
Für ihre Studie brachte die Arbeitsgruppe um Patrick Krapf Ameisen verschiedener Kolonien zusammen und maß die jeweilige Aggressivität. Hier führt so ein Kontakt zu einem Kampf.

Die Gruppe um Krapf sammelte Arbeiterinnen von insgesamt 47 Kolonien aus acht unterschiedlichen Populationen der Ameisen in vier Alpenländern. Sie registrierte Kopfgröße, für die Kommunikation wichtiges Tasten auf der Hautoberfläche, genetische Verwandtschaft und geografische Entfernungen zwischen Kolonien, die ebenfalls die Kampfbereitschaft der Ameisen beeinflussen. Außerdem maß das Team das Klima ihres Lebensraums und wie viel Stickstoff im Boden vorhanden ist. Dann ließ es die Arbeiterinnen gegeneinander antreten. Dabei zeigte sich, dass neben den bekannten Faktoren auch die von Menschen veränderten Temperaturen und Stickstoffgehalte einen großen Einfluss haben. Dass höhere Temperaturen aggressiver machen, ist auch für andere Tiere belegt, und sogar bei Menschen.

Das muss nicht notwendigerweise schlecht sein – die gesteigerte Aggression ist eine flexible Anpassung an die wechselnden Umweltbedingungen, die sich im Verlauf der Evolution bewährt hat. Allerdings fürchtet die Arbeitsgruppe um Krapf, dass die durch den Klimawandel steigenden Temperaturen und zunehmenden Stickstoffgehalte im normalerweise kühlen und stickstoffarmen alpinen Lebensraum die Ameisen langfristig aggressiver machen. Die generell zunehmende Aggression könnte dann den Kolonien mehr schaden als nutzen. Wegen der großen Bedeutung der Ameisen für viele Ökosysteme können sich solche Effekte durch ganze Ökosysteme fortpflanzen – mit potenziell unerwarteten Folgen.

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