Direkt zum Inhalt

Astronomie mit dem Fernglas: Ein unterschätzter Sternhaufen

Messier 23 ist ein eindrucksvolles Objekt am Sommerhimmel. Nutzen Sie die Stunden der Dunkelheit und erleben Sie seine volle Pracht mit dem Fernglas!
Silhouette einer Person mit Fernglas vor dem Hintergrund eines dunklen Himmels.
Im Sommer sollten Sie mit Ihrem Fernglas oder einem kleinen Fernrohr den offenen Sternhaufen Messier 23 ins Visier nehmen.

Das Sternbild Schütze (lateinisch: Sagittarius) befindet sich weit südlich im Tierkreis und gelangt deshalb nicht sehr hoch über den mitteleuropäischen Horizont. Doch gerade hier wimmelt es nur so von interessanten Objekten. Beim Blick durch ein Fernglas zeigen sich Sternhaufen und leuchtende Gasnebel; hinzu kommt ein an Dunkelwolken und hellen Sternwolken reicher Milchstraßenhintergrund. Da kann man schon mal ein Objekt links liegen lassen, das an anderer Stelle am Himmel als spektakulär gelten würde. Wäre ein Beispiel gefällig? Dann Hand aufs Herz: Wann haben Sie den Sternhaufen Messier 23 zuletzt beobachtet? Mit einer Gesamthelligkeit von 5,5 mag, einer Winkelausdehnung von mehr als zwei Drittel Grad und Sternen ab der 9. Größenklasse wäre er anderswo am Himmel das Highlight des Sternbilds.

Hilfreich beim Aufsuchen von Messier 23 ist, dass der Umriss des Sternbilds Schütze an ein vertrautes Küchenutensil erinnert (siehe »Kosmische Teekanne«). Der 3,0 mag helle Stern Gamma Sagittarii (γ Sgr) bildet die Tüllenspitze einer gedachten Teekanne. Beinahe genau nördlich von γ Sgr befindet sich der Sternhaufen Messier 23. Ein Schwenk dorthin führt an dem auffälligen Gasnebel und Sternhaufen Messier 8, einer prächtigen Sternentstehungsregion, vorbei.

Kosmische Teekanne | Das Sternbild Schütze ist reich an Messier-Objekten. In seinem nordwestlichen Teil befindet sich der große offene Sternhaufen Messier 23. Sehenswert sind auch die Kugelsternhaufen Messier 9 und NGC 6356 sowie die Sternentstehungsregion Messier 8. Harald Lutz fotografierte die Himmelsregion mit einer Canon EOS 1100D und einem Objektiv mit 28 Millimeter Brennweite bei Blende 2,8. Er belichtete 8 Sekunden bei ISO 6400.

Da sich das Licht der Haufensterne auf eine Himmelsfläche größer als der Vollmond verteilt, erscheint Messier 23 in einer aufgehellten Nacht lediglich als blasser, matschiger Fleck am Himmel oder wird sogar übersehen. In einer dunklen Nacht dagegen erkennen Sie durch ein gut abgestütztes 10 × 50- oder 12 × 50-Fernglas in einer nebelhaften Ansammlung aus nicht voneinander trennbaren schwächeren Sternen viele einzelne Haufenmitglieder. Eine Sternkette reicht rund 20 Bogenminuten aus dem Haufen heraus nach Nordwesten zum 6,5 mag hellen Stern HIP 87782 (siehe »Inmitten des Sternenmeers«).

Inmitten eines Sternenmeers | Der locker aufgebaute Sternhaufen Messier 23 steht vor einem detailreichen Milchstraßenhintergrund. Eine besonders auffällige Sternkette reicht bis zum 6,5 mag hellen Stern HIP 87782, rund 20 Bogenminuten nordwestlich des Haufenzentrums. Die Aufnahmen zu diesem Bild gelangen Mario Weigand in den Französischen Alpen mit Kameras vom Typ SBIG STL-11000M und Moravian G3-11000 in Verbindung mit einem Teleskop vom Typ Pentax 105/670 SDP.

Ein Teleskop löst zwar die vielen Haufensterne besser auf, aber im großen Gesichtsfeld eines Fernglases zeigt sich Messier 23 viel besser abgegrenzt, und in einer dunklen Nacht auf dem Land scheint dieses Objekt geradezu vor der Milchstraße zu schweben. Dank des Astrometriesatelliten Gaia ließ sich die Entfernung des Haufens von 2420 Lichtjahren mit hoher Genauigkeit ermitteln. Dementsprechend befindet sich Messier 23 auf etwa halbem Weg zwischen uns und dem Sagittarius-Spiralarm unserer Galaxis. Obwohl der Sternhaufen mit rund 300 Millionen Jahren ein fortgeschrittenes Alter aufweist, ist er im Vergleich zu anderen Objekten dieser Art nicht hochbetagt. Seine dennoch recht lockere Struktur deutet darauf hin, dass sich der Sternenverband bereits auflöst. Dieser Zerfall geht vor allem auf das Konto starker Gezeitenkräfte in den inneren Bereichen des Milchstraßensystems. Genießen Sie den Blick auf ein schönes, oft übersehenes Deep-Sky-Objekt!

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.