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Metalle: Benin-Bronzen aus rheinländischem Messing

Die Benin-Bronzen gelten als Meisterwerke westafrikanischer Schmiedekunst. Eine Untersuchung der verwendeten Metalle liefert nun eine überraschende Herkunft der Rohstoffe.
Der Bronzekopf zeigt den König von Benin
Im Jahr 2021 haben sich deutsche Museen bereit erklärt, ihre Benin-Bronzen an Nigeria zurückzugeben. Die Herkunft ihrer Metalle könnte nun geklärt sein.

Mindestens 1000 Benin-Bronzen gibt es in deutschen Museen, und laut einer Absichtserklärung aus dem Jahr 2021 sollen sie an Nigeria zurückgegeben werden: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock überbrachte Ende 2022 die ersten 20 Exemplare, was wiederum bei Nachfahren westafrikanischer Sklaven Proteste hervorrief, sollte dies einfach pauschal erfolgen. Die Forschung an den Bronzen geht in der Zwischenzeit weiter – mit einem vielleicht überraschenden Detail: Gefertigt wurden die Artefakte auch aus Messing, das im Rheinland erzeugt worden war. Dies zeigt eine Studie von Tobias Skowronek von der Technischen Hochschule Georg Agricola in Bochum und seinem Team im Journal »PLoS One«.

Die Benin-Bronzen gelten als Meisterwerke westafrikanischer Schmiedekunst der Edo aus dem heutigen Nigeria, in der Köpfe, Plaketten, Figuren und andere Gegenstände aus Metall mit geschnitztem Elfenbein oder Holz verbunden wurden. Lange hatte man gemutmaßt, dass dafür zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert Messing aus so genannten Manillas verarbeitet wurde: aus hufeisenförmigen Metallringen, die zur Hochzeit des transatlantischen Sklavenhandels als Zahlungsmittel verwendet und speziell für die Bezahlung in Afrika von Europäern hergestellt wurden.

Um dies zu überprüfen, untersuchten Skowronek und Co 67 Manillen aus fünf atlantischen Schiffswracks und drei archäologischen Fundstätten in Schweden, Ghana und Sierra Leone. Von besonderem Interesse waren dabei die Isotopensignaturen von beigemengtem Blei sowie die Zusammensetzungen der Spurenelemente im Metall. Dabei zeigten sich große Ähnlichkeiten zwischen den Benin-Bronzen und von Manillas, die im portugiesischen Handel vor dem 18. Jahrhundert verwendet wurden. Letztere ließen sich wiederum auf Erze zurückführen, die rheinländische Messingschmieden einsetzten. Es liegt also sehr nahe, dass afrikanische Metallschmiede Ringe, die von europäischen Händlern bezogen wurden, als Hauptmaterialquelle für ihre Benin-Bronzen verwendeten. Die einheitliche Metallzusammensetzung der Bronzen deutet sogar darauf hin, dass die afrikanischen Schmiede sehr wählerisch waren, welches Metall sie verwenden wollten.

Diese Ergebnisse decken sich mit historischen Quellen, etwa einem Vertrag aus dem Jahr 1548, den eine deutsche Kaufmannsfamilie mit dem portugiesischen König geschlossen hat: Er regelte die Produktion der Messingringe für den Handel in Westafrika, wo Portugiesen neben anderen Nationen im Sklavenhandel aktiv waren. Weitere Verträge existierten zwischen niederländischen Händlern und der deutschen Messingindustrie, die zwischen Köln und Aachen angesiedelt war. Andere Quellen hatten zuvor auf Messingproduzenten in Flandern oder England gedeutet, doch das ist nun zumindest in Teilen widerlegt.

Viele Benin-Bronzen kamen über einen Umweg nach Deutschland. Britische Kolonialtruppen hatten sie während einer Strafexpedition nach Benin-Stadt geplündert und nach London gebracht. Dort kaufte Felix von Luschan, Direktorialassistent am Königlichen Museum für Völkerkunde in Berlin, 1897 einen Teil davon und ließ sie nach Berlin bringen. In den Folgejahren steigerte sich der Anthropologe in einen wahren Kaufrausch und erwarb immer weitere Benin-Bronzen, die letztlich ihren Weg in mehrere deutsche Museen fanden. Am Ende besaß allein das Berliner Museum 580 der damals bekannten 2400 Objekte aus Benin, mehr als jedes andere Museum im deutschsprachigen Raum.

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