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Entstehung des Lebens: Die junge Erde, ein riesiger katalytischer Reaktor

Wie kam das Leben auf die Erde? Möglicherweise spielten Vulkanasche und eisenhaltige Meteoriten eine Rolle bei der Erzeugung der einfachsten chemischen Bausteine des Lebens. Die Inspiration kommt aus der chemischen Industrie.
Der Planet Erde aus dem All betrachtet
Vor rund 4,6 Milliarden Jahren ist die Erde entstanden. Wie aber bildeten sich die chemischen Grundbausteine des Lebens?

In Anbetracht der Fülle der lebendigen Wesen auf der Erde ist es schwer vorstellbar, dass sie einst wüst und leer war. Wie also kam das Leben auf diesen Planeten? Es ist eine der größten ungelösten Fragen, die sich Menschen seit Anbeginn stellen. Eine Forschungsgruppe des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) und der Ludwig-Maximilians-Universität München schlägt jetzt ein neues Szenario vor, wie sich die einfachsten chemischen Bausteine des Lebens auf der Erde anreicherten.

Organische Moleküle wie Alkohole, Aldehyde und Kohlenwasserstoffe, einfache Polymere auf Basis von Kohlenstoffketten, sind der Grundstock jener Chemie, aus der das Leben hervorging. Sie müssen in immensen Mengen auf der jungen Erde vorhanden gewesen sein. Doch nichts entsteht aus dem Nichts und die Reaktion von Kohlendioxid mit Wasserstoff ist chemisch so träge, dass die Moleküle praktisch nicht von allein zueinanderfinden. Wie es dennoch dazu kam, dafür gibt es eine Vielzahl plausibler Vermutungen: Asteroiden und Kometen könnten die organischen Moleküle aus dem Weltall hergebracht haben, chemische Reaktionen in heißen Tiefseequellen könnten sie auf der Erde hergestellt oder UV-Licht ihre Entstehung befördert haben.

Doch all diese Hypothesen haben ihre Probleme. Oft brauchen sie recht spezielle Voraussetzungen, um die nötigen Stoffmengen zu erklären. Deswegen stellen Sophia Peters, Dmitry Semenov, Rupert Hochleitner und Oliver Trapp in der aktuellen Ausgabe der »Scientific Reports« nun einen weiteren Reaktionstyp vor, der gigantische Mengen dieser einfachen Chemikalien erzeugt haben könnte – und zwar unter sehr vielen unterschiedlichen Bedingungen. Demnach hätten Eisenpartikel aus Meteoriten sowie Vulkanasche als Katalysatoren für die Umwandlung von Kohlendioxid und Wasserstoff in organische Verbindungen gedient. Diese wiederum sind die Grundlage für komplexere Bausteine wie Fettsäuren, Nukleobasen, Zucker und Aminosäuren, aus denen sich lebende Zellen zusammensetzen.

Bei der chemischen Industrie gespickt

Inspiriert wurde das Team um Oliver Trapp laut einer Mitteilung des MPIA ausgerechnet von der chemischen Industrie. Das Fischer-Tropsch-Verfahren nutzt metallische Katalysatoren, um Kohlenmonoxid und Wasserstoff in Kohlenwasserstoffe umzuwandeln. Könnte es nicht eine natürliche Entsprechung des Prozesses auf einer frühen Erde mit einer kohlendioxidreichen Atmosphäre gegeben haben, fragte sich Trapp, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Max-Planck-Fellow am MPIA. »Als ich mir die chemische Zusammensetzung des Campo-del-Cielo-Eisenmeteoriten ansah, der aus Eisen, Nickel, etwas Kobalt und winzigen Mengen Iridium besteht, war mir klar, dass dies ein perfekter Fischer-Tropsch-Katalysator ist«, sagt Trapp. Zusammen mit seinem Team entwickelte Trapp daraufhin eine Reihe von Experimenten, um die kosmische Version des Verfahrens zu testen.

Für ihre Experimente nutzten die Forscher nano- bis mikrometergroße Partikel aus einem echten Eisenmeteoriten, aus einem eisenhaltigen Steinmeteoriten sowie vulkanische Asche vom sizilianischen Vulkan Ätna. Das Material vermischten sie mit verschiedenen Mineralien, wie sie auch auf der frühen Erde vorgekommen sein sollten. In einer Druckkammer brachten sie das Gemisch anschließend mit Kohlendioxid (CO2) sowie einigen Wasserstoffmolekülen zusammen, um die Atmosphäre der frühen Erde zu simulieren. Da diese noch keinen Sauerstoff enthielt, führten sie die Reaktionen unter Ausschluss von Sauerstoff durch.

Dabei zeigte sich, dass die Reaktion unter sehr vielen unterschiedlichen Bedingungen die gleichen benötigten Endprodukte erzeugt. Im Gegensatz zu anderen Hypothesen ist dieses Szenario deswegen nicht darauf angewiesen, dass auf der Erde besondere Bedingungen herrschten. Sobald Wasserstoff und Kohlendioxid auf eisenreiche Teilchen kosmischen oder vulkanischen Ursprungs treffen, entstehen die benötigten Grundbausteine des Lebens.

»Da es viele verschiedene Möglichkeiten für die Eigenschaften der frühen Erde gibt, habe ich versucht, jedes mögliche Szenario experimentell zu testen«, sagt Sophia Peters. Am Ende habe sie etwa 50 unterschiedliche Katalysatoren verwendet und das Experiment bei variierenden Werten für den Druck, die Temperatur und das Verhältnis von Kohlendioxid- und Wasserstoffmolekülen durchgeführt. Dass sich die organischen Moleküle unter so unterschiedlichen Bedingungen bildeten, sei ein starkes Indiz dafür, dass solche Reaktionen so oder so ähnlich in großen Mengen auf der frühen Erde stattgefunden haben könnten – und den Planeten mit den Bausteinen des Lebens angereichert haben.

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