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Microdosing: Laut Studie nur so wirksam wie ein Placebo

Was bringt das Microdosing wirklich? Laut einer Studie nicht viel: Ob jemand eine Miniportion psychedelischer Drogen nahm oder nur ein Placebo, machte am Ende keinen Unterschied.
Für das Microdosing werden LSD-Blotter zerschnitten

Wer regelmäßige kleine Mengen einer psychedelischen Droge einnimmt, hofft damit zumeist sein geistiges Wohlbefinden zu steigern. Das so genannte Microdosing soll beispielsweise Kreativität oder Spiritualität fördern oder angstlösend wirken. Eine Studie an 191 Probanden zeigt nun: Diese erwünschten Effekte traten tatsächlich auf. Allerdings taten sie das auch, wenn jemand statt echtem LSD oder Psilocybin nur ein Placebo nahm.

Dieses Ergebnis hat ein Team um Balázs Szigeti vom Imperial College London nun im Fachblatt »eLife« publiziert. Darin schildern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie es ihnen gelungen ist, zum ersten Mal eine umfassende selbstverblindete, placebokontrollierte Studie zum Microdosing durchzuführen. Ein Grundproblem der Forschung ist, dass die Substanzen in manchen Ländern illegal sind oder nicht an Versuchspersonen abgegeben werden dürfen. Szigeti und Kollegen erdachten darum ein System, das stark auf die Mithilfe der Probanden setzte.

Sie rekrutierten Freiwillige, die ohnehin vorhatten, eine Phase des Microdosing zu starten, und instruierten sie, die nach Stoff und Menge selbst gewählten Drogenportionen – jeweils nur rund ein Zehntel der üblichen Menge für einen »Trip« – in die gleichen Kapseln zu verpacken, die leer als Placebo dienten. Anschließend packten die Teilnehmer die Kapseln in mit einem Code versehene Umschläge und mischten diese nach einem System, das sicherstellte, dass niemand wusste, ob er die echte Droge oder ein wirkstofffreies Placebo erhalten würde. Manche Teilnehmer erhielten dadurch vier Wochen lang ausschließlich Placebos, andere ausschließlich die echte Droge, und wiederum andere wechselten nach 14 Tagen von Microdosing zu Placebo beziehungsweise umgekehrt. Dabei sollten die Teilnehmer in regelmäßigen Intervallen ihre eigene psychische Verfassung anhand zahlreicher Parameter einschätzen. Im Nachhinein verwendete die Forschergruppe die aufgedruckten Codes, um zu bestimmen, welcher Teilnehmer in welcher Gruppe war. Pro Woche schluckten die Versuchspersonen zwei Kapseln.

Besonders aufschlussreich sei der Blick auf die Selbsteinschätzung eine Woche nach Ende des Experiments gewesen, schreiben Szigeti und Team. In allen Gruppen fühlten sich die Teilnehmer im Schnitt besser als vor dem Experiment. Dass der Placeboeffekt die entscheidende Rolle dabei spielte, legt noch ein weiterer Test nahe: Die Wissenschaftler fragten die Teilnehmer nach jeder Woche, ob sie glaubten, in der Wirkstoff- oder in der Placebogruppe gewesen zu sein. In jenen Wochen, in denen sich die Teilnehmer in der Wirkstoffgruppe wähnten, notierten sie auch ein besseres psychisches Wohlbefinden – unabhängig davon, ob ihre Einschätzung zutraf oder nicht.

Die Studie liefert allerdings nur einen ersten Hinweis darauf, dass Microdosing nicht über den Placeboeffekt hinaus wirken könnte. Beispielsweise waren die Teilnehmer überwiegend erfahrene Microdoser, bei ihnen könnte die Erwartungshaltung dank der Gewöhnung viel stärker zu Buche schlagen als bei Neulingen. Auch ist offen, ob sich Microdosing stärker vom Placeboeffekt unterscheidet, wenn Anwender damit spezielle psychische Probleme wie etwa eine depressive Verstimmung zu behandeln versuchen.

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