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News: Mikroskopischen Ursachen für Reibung auf der Spur

Schmiermittel gibt es Tausende, Testreihen, Erfahrungen und Geheimtips noch mehr - aber unklar ist das, was geschieht, wenn Reibung auftritt. Experimente mit Metallen und Halbleitern ergaben, daß nur ein geringer Anteil an elektronischer Kopplung und eine hohe Anregung von Phononen - Quanten von Schallschwingungen und Wärmebewegung als Schwingung von Kristallgittern - auftritt. Die Reibungswärme ist also im wesentlichen mechanisch erzeugt.
Bislang gab es nur theoretische Modelle, um Reibung zu beschreiben oder rechnerisch vorherzusagen. Seit fünf Jahren arbeitet Prof. Dr. Christof Wöll von der Ruhr-Universität Bochum an Experimenten, die die Theorie überprüfen. Bei diesen Untersuchungen wird – idealisiert – mit dem Grenzfall nur einer Molekülschicht von Schmierstoffen auf Oberflächen von Leitern wie Kupfer und Blei, Halbleitern wie Ruthenium sowie dem Isolator Diamant die Reibung gemessen. Als Schmierstoffe werden gesättigte Kohlenwasserstoffverbindungen wie Hexane, Octane, Nonane und Decane eingesetzt.

Bei der gewählten Versuchsanordnung wird in ein geschlossenes Ultrahochvakuum-System Helium beschleunigt. In Geschwindigkeit und Richtung wohl definiert – ähnlich wie bei einem Molekularstrahl-Experiment – werden die Heliumatome durch ein kurzfristig geöffnetes "Leck" ins System quasi eingesogen. Nachdem sie von der Oberfläche des Versuchsmaterials, in das sie wegen ihrer geringen Masse nicht eindringen können, abgebremst und reflektiert wurden, entweichen sie durch eine zweite kurzfristige Öffnung. Ihre Geschwindigkeiten vor und nach dem Anstoß mit der Kohlenwasserstoffschicht geben Aufschluß über den Energieverlust und somit über die geleistete Arbeit bzw. überwundene Reibung. Diese Methode wurde speziell für die Messung der Phononen an der Oberfläche entwickelt.

Die Auswertung der Messungen ergab, daß die Dämpfung der Bewegung der reibungsmindernden Octanmoleküle auf metallischen Oberflächen durch die Anregung von Phononen oder Wärme gut beschrieben werden kann. Lediglich zwei Forderungen müssen erfüllt sein: Zum einen muß die Frequenz der Bewegung der Octanmoleküle deutlich geringer als die Frequenz der Phononen sein, also der Wärmebewegung der Kristallgitter. Zum anderen dürfen die chemischen Anlagerungskräfte an die Testoberflächen nicht über den mechanischen Kräften liegen, denn schon geringe chemische Reaktionen können eine erhebliche elektronische Anregung zur Folge haben.

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