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News: Milchbar geschlossen

Wer gerade einen schönen Milchkaffee auf seinem Schreibtisch stehen hat, wird sich freuen, dass noch nicht alle Milchkühe das Darmbakterium Escherichia coli auf Abwegen in sich tragen. Denn gelangt das Bakterium in die Milchdrüsen der Wiederkäuer, ruft dies eine schmerzhafte Entzündung hervor, begleitet vom gerichtetem Selbstmord der betroffenen Zellen. Doch sind die milchproduzierenden Zellen erstmal untergegangen, versiegt der Milchfluss meist dauerhaft - ein immenser Schaden für die Agrarindustrie.
Bei Studenten der Veterinärmedizin nimmt das Fach der Milchkunde während des Studiums recht beeindruckende Ausmaße ein. Doch wenn man die Verluste bedenkt, die der Agrarindustrie jährlich wegen Entzündungen der Kuheuter entstehen, wundert dies kaum noch. Auch wenn die Entzündung der milchproduzierenden Gewebe – auch als Mastitis bekannt – seit den sechziger Jahren durch schärfere hygienische Maßnahmen, schnellere Behandlung der erkrankten Tiere und regelmäßige Antibiotikagaben stark zurückging, plagen sich noch immer 12 Prozent der Kühe mit einer Infektion. Mehr als 150 verschiedene Bakterienstämme kommen als Entzündungskeime in Frage. Waren früher Streptokokken und Staphylokokken die Hauptverursacher, treten nun Escherichia-coli-Bakterien als Krankheitsauslöser in den Vordergrund.

E. coli verändert das betroffene Gewebe offenbar dauerhaft, haben nun Wissenschaftler der McGill University in Quebec, Kanada, herausgefunden. Das Team um Xin Zhao infizierte hierzu sechs Kühe mit dem Darmbewohner. Ob die Infektion des jeweils rechten Brustgewebes erfolgreich war, testeten die Forscher durch die Belastung der Milch mit den entsprechenden Bakterien. Bei vier Wiederkäuern war dies der Fall.

Bei diesen Tieren stellten die Forscher neben allgemeinen Entzündungserscheinungen wie erhöhter Temperatur auch eine erhöhte Anzahl der apoptotischen Zellen – diejenigen, die gerichtet Selbstmord begehen – und der somatischen Zellen fest. Anhand dieser Ergebnisse geht das Team davon aus, dass eine durch E. coli induzierte Mastitis einerseits mit Apoptose, andererseits aber auch mit vermehrter Zellteilung einher geht. Der Zelltod senkt die Milchproduktion, da der Zelluntergang das betroffene Gewebe beeinträchtigt und der Milchfluss daraufhin nicht mehr in Gang kommt. Auch könnten die Beobachtungen erklären, warum Infektionen mit E. coli oft so lang anhaltend sind. Dringen die Keime in die entsprechenden Zellen ein und regen diese zur Teilung an, könnte dies ein Weg sein, sich hier vor den Angriffen des Wirtes zu verstecken und "drin" zu bleiben. Als mögliche Alternative zur Antibiotikagabe könnte ein neu auf den Markt gelangter Impfstoff dienen. Doch bei 150 potentiellen Gegnern ist das sicherlich eine schwierige Aufgabe.

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