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News: Miniroboter auf Tauchkurs

Klein, kleiner, am kleinsten: Technische Winzlinge erobern die Welt. Die meisten jedoch sind ziemlich wasserscheu - kommen sie mit Flüssigkeiten in Kontakt, bedeutet das oft ihr Ende. Schwedische Wissenschaftler haben nun winzige Greifhände konstruiert, die ganz im Gegenteil sogar auf eine wässrige Umgebung angewiesen sind. Beim Miniatur-Boccia unter Wasser bewiesen sie ihre Fingerfertigkeit.
Miniroboter machen's möglich: Winzige Sonden zur Gewebeentnahme, Fließbandarbeiter für die Fabrik in Schuhschachtelgröße, Pinzetten im Nanoformat. Zukunftsmusik, meinen Sie? Noch. Aber der Traum von zahlreichen Wissenschaftlern ist mit den neuen technischen Zwergen einer Arbeitsgruppe um Edwin W. H. Jager von der Linköpings Universitet in Schweden der Realität vielleicht ein Stückchen näher gerückt (Science vom 30. Juni 2000).

Nur etwas mehr als einen halben Millimeter hoch und knapp einen Viertel Millimeter breit sind die winzigen Greifhände von der Fingerspitze bis zum Ellbogengelenk. Sie bestehen aus einem mit Titan beschichteten Siliziumplättchen, in das die Forscher photolithographisch Leiterbahnen einätzten. Eine sich darauf befindende strukturierte Chromschicht bindet als eine Art Klebstoff die folgende Goldschicht. Weitere Ätzpunkte legen einzelne Elektroden auf dem Mini-Chip fest. Als Gerüst für die Kontaktpunkte brachten die Wissenschaftler anschließend das steife Material Benzocyclobuten beziehungsweise Cycloten auf. Den Abschluss schließlich bildet eine Schicht des leitfähigen Polymers Polypyrrol auf dem Gold. Ein letztes Ätzbad, und die Miniaturroboter konnten ihre Fingerfertigkeit beweisen.

Um ihre Muskeln spielen zu lassen, mussten sie aber zunächst auf Tauchkurs gehen. Gut verdrahtet mit einer Stromquelle plantschten sie in einer Elektrolytlösung und spielten dort mit winzigen Glaskugeln. Damit sich die Greifhände bewegen können, benötigen sie eine Spannungsquelle und Kationen. Denn kommt das Polypyrrol mit Kationen in Kontakt, quillt es auf. Sollte es wieder schrumpfen, legten die Forscher ein positives Potential an die Goldelektrode an. Diese oxidiert das Polypyrrol, woraufhin die Kationen wieder das Weite suchen.

Die Miniaturroboter haben schon eine ganze Reihe von Geschwistern. Da gibt es Gestänge und Getriebe bis hin zu künstlichen fliegenden Insekten und einem laufenden Gesellen. Sie alle haben jedoch einen Nachteil: Sie sind wasserscheu. Denn wenn das Silizium ihres Körpers mit Wasser in Berührung kommt, oxidiert es und wird unbrauchbar. Bei den kleinen Greifhänden dagegen ist das Siliziumplättchen unter den "Muskelpaketen" verborgen und so geschützt. Dementsprechend können die Zwerge nicht nur in Elektrolytlösungen tauchen, sondern auch in Blut, Urin, Zellkulturmedien oder anderen Flüssigkeiten.

Die Forscher hoffen, dass ihre Miniroboter eine große Zukunft in der Biotechnologie erwartet. Sei es zum Herauspicken einzelner Zellen aus einer Kultur oder als technische Unterstützung des Immunsystems auf der Suche nach Zellen, die sich nicht korrekt verhalten. Vielleicht könnten sie auch an winzigen Sonden Ärzte bei Operationen unterstützen – dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt.

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