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News: Mit dem Lasso und dem Duft der Liebe

Lassospinnen locken mit Pheromonen Nachtfalter-Männchen ins Verderben. Und zwar am Abend andere als am frühen Morgen.
<I>Mastophora hutchinsoni</I>
Im Gegensatz zu anderen Spinnen verharren die Lasso- oder Bolaspinnen nicht bewegungslos in ihrem Netz, sondern schleudern ihrer ahnungslosen Beute eine feinen Faden entgegen, an dessen Ende als Wurfhaken ein klebriger Tropfen hängt. Zwar klingt diese Methode ungemein raffiniert, so effektiv wie ein ausgespanntes Netz ist sie jedoch nicht. Denn einfaches Abwarten reicht den Lassospinnen nicht, sie müssen sich ihre Mahlzeiten hart verdienen.

Doch auch in dieser ökologischen Nische ist Raum für die Optimierung, und so hat die amerikanische Lassospinne Mastophora hutchinsoni sich auf den Fang von Motten spezialisiert, mit denen die Radnetzbauer so ihre Probleme haben. Denn die Flügel von Tetanolita mynesalis und Lacinipolia renigera sind so schuppig, dass sie sich leicht aus den Spinnennetzen lösen.

Jene Lassospinne allerdings eignete sich im Laufe ihrer Evolution die Duftstoffe der weiblichen Nachtfalter an und lockt nun damit deren männliche Partner ins Verderben. Bei dieser Form der so genannten aggressiven oder Peckham'schen Mimikry ist die Spinne sogar in der Lage, die grundverschiedenen Pheromone der beiden, nicht miteinander verwandten Nachtfalter zu produzieren. Denn die eine Art ist nur bis ungefähr 22:30 Uhr aktiv, die andere hingegen ab 23:00 Uhr.

Als Kenneth Haynes von der University of Kentucky mit seinen Mitarbeitern die Lassospinnen im Labor untersuchte, zeigte sich, dass die Spinnen ihre Pheromonproduktion im Laufe der Nacht veränderten - eben je nachdem, welche Mottenart gerade unterwegs war.

Daraufhin setzten die Forscher die Tiere unterschiedlichen Tag- und Nachtrhythmen aus und vereinten Tiere, für die die Nacht gerade erst begonnen hatte, mit Artgenossen, deren innere Uhr bereits den frühen Morgen anzeigte. Auf diese Weise mischten sich die Pheromone der einen Spinnengruppe mit denen der anderen - und waren nun weitgehend wirkungslos. Denn auf die Mottenmännchen der einen Art wirkte der Duft der artfremden Weibchen - ausgesendet von den Lassospinnen mit der "falsch" gehenden inneren Uhr - eher abstoßend.

So ausgeklügelt die Fangtechnik mit dem Lasso auch ist, in Jahren, wo ihre beiden Hauptspeisen rar sind, müssen auch die Lassospinnen darben. Mit ihrem Lasso haben die Spinnen zwar eine kleine ökologische Nische besetzt, ohne ihre aggressive Mimikry könnten sie diese aber kaum nutzen.

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