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Rechtschreibung: Mit der Fibel lernen Kinder am besten

Lange stritten Pädagogen darum, wie sich die deutschen Rechtschreibregeln am besten vermitteln lassen. Nun hat die Debatte wohl endlich ein Ende.
Ein Mädchen liest vor einer Tafel mit Buchstaben in einem Buch

Kongressvorträge haben nicht immer das Potenzial, Generationen von Kindern vor folgenreichen Irrläufern der Pädagogik zu bewahren. Doch auf einen solchen Vortrag durften sich die Besucher auf dem 51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie am frühen Montagabend freuen: den Bericht über eine Studie der Universität Bonn, die den Erfolg von drei unterschiedlichen Rechtschreibdidaktiken überprüfte.

Der klassische »Fibelansatz« ist vor allem in alternativen Pädagogenkreisen unbeliebt: Dröge und nach Schema F lernen die Kinder schrittweise Buchstabe für Buchstabe; sie zerlegen Wörter in einzelne Laute, folgen dabei einem fest definierten, strukturierten Plan und werden korrigiert, wenn sie Fehler machen. Nicht so beim »Lesen durch Schreiben«, besser bekannt als »Schreiben nach Gehör«. Hier dürfen Kinder ungestört schreiben üben, ohne Korrekturen befürchten zu müssen – damit sie nicht demotiviert werden. Die dritte Methode, »Rechtschreibwerkstatt«, gibt lediglich Lernmaterialien vor, mit denen sich die Kinder in beliebiger Reihenfolge und selbst gewähltem Tempo beschäftigen.

Nach welcher Methode am häufigsten unterrichtet wird, ist von Bundesland zu Bundesland verschieden. Auch in Nordrhein-Westfalen sind alle drei Methoden im Einsatz. Deren Erfolg testete dort nun ein Team um Tobias Kuhl und Una Röhr-Sendlmeier an zwölf Schulen bei rund 2500 Kindern. Zunächst wurden kurz nach Einschulung die sprachlichen Vorkenntnisse der Erstklässler erfasst. Dann absolvierten sie vom Ende der 1. und bis zum Ende der 3. Klasse halbjährlich Diktate gemäß einem Standardtest, der »Hamburger Schreib-Probe«. Außerdem gaben die Schüler per Fragebogen Auskunft, wie motiviert sie beim Schreiben- und Lesenlernen waren.

Wie die Psychologen schon vorab in einer Pressemitteilung berichteten, fielen die Ergebnisse überaus eindeutig aus: Stets schnitten die »Fibelkinder« besser ab. Und am Ende machten Kinder, die »Lesen durch Schreiben« gelernt hatten, gut um die Hälfte mehr Fehler und die Kinder der »Rechtschreibwerkstatt« sogar mehr als doppelt so viele. Die Fibel war bei Deutschmuttersprachlern ebenso erfolgreicher wie bei Schülerinnen und Schülern mit anderer Muttersprache. Auch den oft gepriesenen Vorteil der weniger strukturierten Ansätze widerlegten die Forscher: »Die Schreib- und Lesemotivation der Kinder scheint nicht im Zusammenhang mit der Didaktik zu stehen.«

An der Frage, wie sich das Abc am besten vermitteln lässt, scheiden sich seit Langem die Geister. Zuletzt sprach immer mehr für die klassische Didaktik, den »systematischen Fibelansatz«. Dessen Konkurrenz steht nun offenbar vor dem Aus. Medienberichten zufolge forderte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek, aus den jüngsten Ergebnissen schnell Konsequenzen zu ziehen.

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