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Astrobiologie: Mit der Kraft der Plaste

Britische Forscher wollen auf dem Mars nach Leben suchen. Spezielle Kunststofffilme sollen ihnen dabei helfen.
Mars
Schon in wenigen Jahren könnte Mark Sims weltberühmt sein. Der Forscher von der Leicester-Universität in Großbritannien und seine britischen Kollegen entwickeln nämlich ein Gerät, das lebende Organismen auf dem Mars aufspüren soll. Klappt alles wie vorgesehen, wird die europäische ExoMars-Mission um das Jahr 2010 herum starten und die Maschine zum Roten Planeten befördern. Sollte sie tatsächlich Beweise für marsianisches Leben liefern, ihre Erfinder würden auf dem gesamten Globus frenetisch gefeiert.

"Smile" lautet der Name des Geräts, übersetzt für "Experiment zur spezifischen molekularen Erkennung von Leben". Es handelt sich um ein Minilabor, das gezielt nach Biomarkern fahnden soll – nach Molekülen also, von denen man glaubt, dass sie die Existenz von Leben anzeigen. Dazu zählen komplexe Kohlenwasserstoffe, wie sie beispielsweise in Rohöl vorkommen, Nukleinsäuren – etwa DNA-Moleküle – und Aminosäuren.

Der Exo-Mars-Rover der Esa soll einmal Leben finden | Der Exo-Mars-Rover der Esa soll SMILE im Jahr 2013 zum Einsatzort bringen und Lebenspuren nachweisen
Wie soll Smile die Biomarker erkennen? Sims und seine Mitstreiter stellen sich vor, das Gerät mit winzigen Schablonen auszustatten: Kunststofffilme mit Vertiefungen an der Oberfläche, die so geformt sind, dass immer nur eine bestimmte Molekülsorte hineinpasst. Solche Schablonen lassen sich herstellen, indem man den Kunststoff mit einem Mustermolekül prägt – wie bei einer Gussform. Ein Sensor registriert, wenn sich ein passendes Molekül in die Vertiefung setzt, und sendet das Signal "Biomarker identifiziert". Indem die Forscher Smile mit einer Vielzahl unterschiedlicher Schablonen ausstatten, können sie eine breite Palette von Molekülen nachweisen. Der Vorteil solcher Kunststofffilme liegt in ihrer Robustheit, weshalb sie – so hoffen die Forscher – mit den widrigen Bedingungen auf dem Mars gut zurechtkommen. Außerdem bestehen sie zu hundert Prozent aus nichtbiologischem Material, was die Gefahr einer Kontamination des Roten Planeten herabsetzt.

Für den Fall, dass Smile auf Aminosäuren stößt, wollen Sims und sein Team außerdem ermitteln, ob diese eine "links-" oder "rechtshändige" Form aufweisen. Diese beiden möglichen Molekülstrukturen werden mit einem Blick auf die eigenen Hände verständlich: Auch diese sind baugleich, verhalten sich dabei aber zueinander wie linkes und rechtes Spiegelbild. Bei aller chemischen Ähnlichkeit hat das einschneidende Folgen für die biochemische Verwendung der beiden Molekül-Spiegelbilder – was gleichzeitig der Grund für das Interesse der Forscher an der Händigkeit der Moleküle ist. Kommen – etwa auf dem Mars – von bestimmten Aminosäuremolekülen mehr rechts- als linkshändige Exemplare vor (oder umgekehrt), dann ist das ein sehr deutlicher Hinweis darauf, dass sie von Organismen stammen. Der Stoffwechsel der biologischen Zelle produziert Aminosäuren nämlich mit Hilfe von Enzymen – und die sind so beschaffen, dass sie bevorzugt eine von beiden Versionen erzeugen.

Sims versucht sich nicht zum ersten Mal an Marsexperimenten. Er betätigte sich bereits als Manager der verunglückten Beagle-2-Mission – nicht unbedingt ein gutes Omen. Beagle 2 sollte, so war es für den Dezember 2003 geplant, nach seiner Abkopplung von der europäischen Mars-Express-Sonde auf der Oberfläche des Roten Planeten landen und dort nach Lebensspuren suchen. Das Gerät ging beim Landeanflug damals allerdings verschollen. Spätere Analysen ergaben, dass das Projekt von Anfang an unterfinanziert und schlecht vorbereitet war.

Wenn Sims und seine Mitstreiter ihr Smile-Experiment diesmal an Bord der ExoMars-Mission unterbringen wollen, dann haben sie noch ein gewaltiges Stück Arbeit vor sich. Das Minilabor darf dann eine Masse von drei Kilogramm nicht überschreiten und maximal 16x16x20 Zentimeter messen. Hinzu kommen politische Unklarheiten: Ob und wann es zum Start von ExoMars kommt, wird die europäische Weltraumorganisation Esa erst im kommenden Dezember entscheiden.

Schon früher gab es Versuche, Lebensspuren auf dem Mars zu finden. In den 1970er Jahren landeten die amerikanischen Viking-Sonden auf dem Roten Planeten und unternahmen dort biologische Experimente. Sie konnten an ihren Landeplätzen aber keinerlei Mikroben, ja nicht einmal einfaches organisches Material nachweisen. Auch die Marsrover Spirit und Opportunity, die zurzeit noch im Marsstaub herumkurven, wurden nicht fündig – allerdings haben sie auch keine biologischen Experimente an Bord.

Die bisherigen Raumfahrtmissionen erzeugten insgesamt den Eindruck, dass der Rote Planet eine absolut sterile Staub- und Steinwüste ist. Doch die Frage, ob es Leben auf unserem Nachbarplaneten gibt, gilt unter Wissenschaftlern noch längst nicht als beantwortet. Einerseits weiß man inzwischen, dass es früher Wasser auf dem Mars gab und auch heute noch große Mengen des Nass dort zu finden sind – zum Beispiel in gefrorener Form in den Polgebieten. Andererseits hat die biologische Forschung auf unserem Heimatplaneten eine ganze Reihe von Organismen zutage gefördert, die unter extremen Bedingungen gedeihen: Hitze liebende Bakterien, die in der Nähe von Tiefseequellen leben, chemotrophe Einzeller, die kilometertief im Erdinnern ohne Sonnenlicht gedeihen, und Kälte liebende Organismen, die ihr Dasein in der Antarktis fristen. Könnten solche Überlebenskünstler nicht auch irgendwo auf dem Mars überdauern? Noch wissen wir es nicht – aber vielleicht wird Smile bald eine Antwort darauf liefern.

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