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News: Mit einem Dreh geht's leichter

Zwei Plastikscheiben schlittern mit der gleichen Geschwindigkeit über das Eis. Eine rotiert, die andere nicht. Welche kommt am weitesten? Die Antwort auf diese Frage liefern jetzt neue Experimente.
Eisstockschießen ist zumindest vom physikalischen Standpunkt hochinteressant. Bei dieser Sportart stößt ein Werfer ein scheibenförmiges Gebilde über eine Eisbahn von sich weg, während weitere Spieler mit ihren Besen wie verrückt den Weg vor der heranschlitternden Scheibe polieren. Dabei geht es darum den Eisstock genau an der richtigen Stelle zu platzieren. Und das ist gar nicht so einfach, denn dabei gilt es, das Wechselspiel zwischen Reibung, Rotation und Vorwärtsbewegung zu beachten.

Um dieses Zusammenspiel näher zu untersuchen, ließen Zénó Farkas und seine Kollegen von der Universität Duisburg-Essen und der Budapest University of Technology and Economics ebenfalls runde Scheiben über eine glatte Fläche gleiten.

Dabei fanden sie heraus, dass eine rotierende Scheibe weiter kommt als eine nicht rotierende, da die schnelle Drehung die Reibungskraft verringert. Außerdem, so stellten die Forscher zu ihrer großen Überraschung fest, kamen die Rotation und die Vorwärtsbewegung immer gleichzeitig zum Stillstand – und zwar einerlei wie schnell oder langsam sich der Körper anfangs fortbewegte und egal wie schnell oder langsam er dabei rotierte.

Beide Bewegungsarten waren im Experiment offensichtlich miteinander verknüpft und als Bindeglied kam eigentlich nur die Reibung in Frage. Und tatsächlich zeigten theoretische Berechnungen, dass eine Rotation die Reibungskraft in Vorwärtsrichtung verringert und eine Vorwärtsbewegung wiederum die Reibungskraft in Rotationsrichtung. Die Folge ist ein so genanntes negatives Feedback.

Dreht sich die Scheibe zum Beispiel anfangs sehr schnell, kommt gleichzeitig aber nur sehr langsam voran, dann wird die Rotation aufgrund der Reibung sehr stark gebremst, die ohnehin recht langsame Vorwärtsbewegung wird indes kaum gebremst, da die schnelle Rotation für diese Richtung die Reibung stark herabsetzt. Im umgekehrten Fall wird die Vorwärtsbewegung stärker gebremst als die Rotation. Das Endergebnis ist in beiden Fällen gleich: Beide Bewegungen stoppen im selben Augenblick.

Dieses Phänomen ist aber nicht nur für das Eisstockschießen interessant, sondern könnte überall da wichtig werden, wo Dinge übereinander gleiten. So würden demnach zum Beispiel bestimmte Bewegungen von Eiskörnern in einer Schneedecke die Reibungskraft und somit die Haftung mit dem Untergrund verringern – mit der Folge, dass eine Lawine früher abginge als erwartet.

Allerdings ist nach Meinung von Leo Silbert von der University of Chicago noch lange nicht geklärt, ob die Körner auch lange genug in Kontakt bleiben, damit der Effekt überhaupt auftreten kann. Überhaupt sind Bewegungen innerhalb von körnigen Materialien sehr kompliziert und kaum verstanden. Aber immerhin gelang es Farkas und seinen Kollegen, diese Unwissenheit ein wenig zu verringern.

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