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Funkwellen: Mit KI durch Wände blicken

Mit Hilfe von Funkwellen und KI kann der Computer durch Wände und bei absoluter Dunkelheit »sehen«. Paradoxerweise könnte das für mehr Privatsphäre sorgen.
Durch Glas blicken funktioniert bereits heute

Auf Funkwellenbildern kann ein Mensch nichts erkennen, der Computer aber schon, sofern er mit Hilfe lernfähiger Software darauf trainiert wurde. Das nutzten nun Wissenschaftler, um ein System zu erzeugen, das Menschen sogar noch in einem stockfinsteren Raum oder hinter einer Wand erfasst und ihre Bewegungen interpretiert. Die künstliche Intelligenz erkennt beispielsweise, ob eine der Personen telefoniert, winkt oder etwas wirft.

Wie das genau funktioniert, erläutert die Arbeitsgruppe um Tianhong Li und Lijie Fan vom MIT Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory in Cambridge, Massachusetts, in einem Paper auf dem Vorabveröffentlichungsserver arXiv, über das »Technology Review« berichtet.

Die Wissenschaftler zeichneten dazu mittels einer speziellen Funkwellenantenne und parallel dazu mit einem herkömmlichen 3-D-Kamera-Set-up insgesamt 25 Stunden Bildmaterial auf. Anschließend trainierten sie eine Deep-Learning-Software darauf, die Filmaufnahmen und die Radiodaten in Einklang zu bringen.

Sie wählten dazu ein Zweischrittverfahren: Zunächst wandelten sie mit bereits verfügbaren Algorithmen die gefilmten Menschen in abstrakte dreidimensionale Strichmännchen um und trainierten dann ihre eigene Software darauf, diese Strichmännchen auch anhand der Funkwellenbilder zu errechnen. Anschließend setzten sie ein neuronales Netz ein, das die Bewegungen der einzelnen Strichmännchen inhaltlich bewertete und so typische Handlungsmuster erkennen lernte. Der Umweg über die Strichmännchen soll es ermöglichen, dieselbe Software ohne größere Anpassungen auch in anderen Umgebungen einzusetzen.

Ein Vorteil der Funkwellentechnik ist, dass sie Wände durchdringt und dadurch auch Individuen abbilden kann, die verborgen sind. Allerdings liefert die langwellige Strahlung immer nur ein sehr grob aufgelöstes Bild, das zudem noch durch zahlreiche Reflexionen und Überlagerungen verzerrt ist. Dieser Nachteil könnte sich jedoch auch als Stärke erweisen: Ein Überwachungssystem, das mit Funkwellen arbeitet, ist physikalisch gar nicht dazu in der Lage, individuelle Merkmale einer Person, wie etwa das Gesicht, aufzuzeichnen. Würde man ein funkwellenbasiertes System zur Überwachung eines Straßenabschnitts einsetzen, wäre die Privatsphäre der Passanten geschützt, und trotzdem könnte, sogar bei Nacht, das Verhalten der Menschen auf Auffälligkeiten hin analysiert werden.

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