Direkt zum Inhalt

News: Mit Mikroorganismen gegen Hirntumore

Zwei neue Therapien gegen Hirnkrebs haben in ersten klinischen Tests mit todkranken Patienten gute Ergebnisse erzielt. Eine Methode beruht auf einer Druck-Infusion von bakteriologischen Giftstoffen, bei der anderen werden Tumore mittels modifizierter Herpes-Viren angegriffen. Durch beide Behandlungen konnte ein Schrumpfen von Hirntumoren ohne ernsthafte Nebenwirkungen erreicht werden (Dezember-Ausgabe von Nature Medicine).
Bösartige Gliome lassen sich schwer behandeln: Sie sitzen tief im Gehirn, wo sie durch die Blut-Hirn-Schranke geschützt sind. Um sie besser angreifen zu können, haben Edward Oldfield und seine Kollegen vom National Institute of Neurological Disorders and Stroke eine spezielle Druckpumpe entwickelt. Mit ihr können Medikamente über zwei kleine Katheter verabreicht werden, die an gegenüberliegenden Seiten des Tumors in das Gehirn eingeführt werden.

In dem Experiment wurde das Medikament Tf-CRM107 mittels der speziell konstruierten Pumpe verabreicht. Tf-CRM107 ist ein Hybrid zwischen dem menschlichen Protein Transferrin, das Eisen zu sich teilenden Zellen transportiert, und einem Toxin des Diphtherie-Bakteriums. Tumorzellen verfügen gegenüber normalen Zellen über mehr Rezeptoren für Eisen. Daher bindet das zugeführte Transferrin vorrangig mit Krebszellen. Ist das enthaltene Diphterie-Gift dann erst einmal in der Tumorzelle, infiziert es diese und macht sie so gegenüber dem Immunsystem angreifbar. 15 Patienten mit wiederkehrenden und bösartigen Gliomen, die auf herkömmliche Behandlungsmethoden wie Bestrahlung, Chemotherapie oder chirurgische Eingriffe nicht angesprochen hatten, wurden mit solchen Druck-Infusionen behandelt. Nach zwei Wochen Infusionen verkleinerten sich die Tumore bei neun Patienten sehr schnell um die Hälfte und hielten diese Größe dann über 9 Monate lang. Bei zwei Patienten verschwanden die Tumoren ganz, jedoch nur vorübergehend.

Die zweite Technik wurde ebenfalls von Oldfields Gruppe entwickelt. Sie veranlaßt die Tumorzellen, ihre eigene Empfindlichkeit gegenüber medikamentösen Therapien zu erhöhen. Die Forscher injizierten hierzu Mäusezellen, die als Träger eines genetisch modifizierten Herpes simplex-Virus dienten, in die Hirne einer zweiten Gruppe aus 15 Patienten mit fortgeschrittenen Gliomen. Das Herpes-Virus enthält ein Gen, das sich teilende Tumorzellen stärker empfindlich gegen das Medikament Ganciclovir macht. Bei vier Patienten schrumpften die Tumore um die Hälfte, eine Verringerung, die bis zu 11 Wochen anhielt.

Laut Robert Martuza, einem Neurologen des Georgetown University Medical Center, sind „diese Berichte die Grundlage für weitere Verbesserungen“. Doch gab er auch zu bedenken, daß die Methoden noch einige Probleme aufwerfen. So können sich zum Beispiel die mit dem Herpesvirus ausgestatteten Mäusezellen nicht vermehren und sind deshalb nur bei kleinen Tumoren effektiv. Und Tf-CRM107 tötet in hohen Dosen auch normale Gehirnzellen ab.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.