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Schädlingsbekämpfung: Mit Schärfe gegen Mäuse

Hungrige Mäuse können eine Plage sein. Um Saatgut zu schützen, haben Biologen womöglich eine neue Wunderwaffe gefunden.
Chili

Natürliche Grasländer gehören zu den am stärksten bedrohten Ökosystemen der Erde. Wo sich die Gelegenheit bietet, versuchen Ökologen daher, manche Gebiete wieder in einen naturnahen Zustand zurückzuversetzen. In den Prärien der Vereinigten Staaten werden aber ihre Versuche immer wieder von hungrigen Hirschmäusen sabotiert, wie Dean Pearson von der Rocky Mountain Research Station und sein Team in »Restoration Ecology« schreiben. Die Nager fressen rasch die Samen, welche die Wissenschaftler in der Natur ausbringen, um einheimische Pflanzen wieder anzusiedeln. Da Pearson und Co kein Gift gegen die Tiere einsetzen wollten, mussten sie eine alternative Abschreckung entwickeln – und kamen dabei auf Capsaicin, jenen legendären Stoff, der Chilis ihre Schärfe verleiht.

Das Unterfangen war nicht ganz einfach, wie die Forscher berichten: Sie mussten es schließlich irgendwie schaffen, dass das pulverisierte Chilipräparat an den Samen haften blieb, diese aber weiterhin keimfähig blieben. Zudem sollte der Überzug längerfristig aktiv sein und nicht schon nach kurzer Zeit durch Regen oder andere Umwelteinflüsse abgetragen werden. Vier Jahre lang testeten sie unterschiedliche Chilipräparate und Kombinationen im Labor und im Freiland, bis sie ein geeignetes Mittel gefunden hatten: ein Pulver basierend auf der Chilisorte Bhut Jolokia aus dem Nordosten Indiens, die zeitweilig als schärfster Chili der Welt galt. Derart behandelte Samen brachten Pearson und Co in Versuchsfeldern aus und verglichen die Fraßraten mit nahe gelegenen Arealen, in denen sie chilifreie Samen ausbrachten. Letztlich reduzierte die Capsaicinhülle die Fraßrate um 86 Prozent; auf entsprechend ausgesäten Feldern wuchsen deshalb deutlich mehr Keimlinge einheimischer Pflanzenarten. Wichtig war allerdings auch der Aussaattermin gegen Ende des Winters, wenn die Mäuse zwar akuten Nahrungsmangel haben, aber auch der Bestand gleichzeitig deutlich dezimiert ist.

Die Wissenschaftler hegen jetzt die Hoffnung, dass diese Beschichtung vielleicht auch bei anderen Sämereien eingesetzt werden könnte. Saatgut für die Landwirtschaft ist zumeist mit Pestiziden gebeizt, um sie gegen Pilze oder Insektenfraß zu schützen. Capsaicin könnte womöglich eine umweltschonendere Variante liefern.

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