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News: Mit voller Wucht

Es passiert am laufenden Band: Ein subatomares Teilchen der kosmischen Höhenstrahlung tritt in die Atmosphäre ein und bringt dabei hundertmillionenmal mehr Energie mit, als die größten Teilchenbeschleuniger auf Erden erreichen können. Und neuen Messungen zufolge kann die Strahlung noch mehr Energie besitzen, als bislang angenommen wurde. Ihr Ursprung dürfte innerhalb von 150 Millionen Lichtjahren zu finden sein, weil die Teilchen sonst aufgrund der Wechselwirkung mit der Mikrowellen-Hintergrundstrahlung zu viel Energie verlieren würden. Allerdings kennen die Astronomen in diesem Umkreis keinen Vorgang, der so schnelle Partikel ausschleudert.
Irgendwie umgehen die Teilchen der kosmischen Höhenstrahlung anscheinend die Geschwindigkeitsbegrenzung im Weltall. Beträgt ihre Energie mehr als 5*1019 Elektronvolt (eV), sollte sie mit den Photonen der Mikrowellen-Hintergrundstrahlung wechselwirken und allmählich Energie verlieren. Nach Ansicht theoretischer Physiker müßte dieser Prozeß eine obere Grenze festlegen, wieviel Energie ein Teilchen besitzen darf, dessen Ursprung weit entfernt in den Tiefen des Universums liegt. Nach den Wissenschaftlern, die als erste den Wert dafür bestimmt haben, wird die Grenze als Griesen-Zatsepin-Kuz'min-Limit (GZK) bezeichnet.

Bis vor kurzem sind nicht mehr als drei Partikel mit einer so gewaltigen Energie nachgewiesen worden. Diese niedrige Anzahl konnte recht gut als die Spitze der theoretisch erwarteten Verteilung angesehen werden. Doch jetzt kommt aus Japan die Meldung, daß ein Wissenschaftlerteam unter Leitung von Masahiro Takeda von der University of Tokyo zwischen Februar 1990 und Oktober 1997 weitere sechs Ereignisse nachgewiesen hat (Physical Review Letters vom 10. August 1998). Nach der Theorie war in diesem Zeitraum nur ein einziges Teilchen mit so viel Energie erwartet worden.

Die Forscher machten ihre Beobachtungen mit dem Akeno Giant Air Shower Array (AGASA), einem Verbund von 111 Detektoren, die über eine Fläche von 100 Quadratkilometern verteilt sind. Wenn ein extrem energiereiches Teilchen – ein Proton oder ein Atomkern – in die obere Atmosphäre schießt, löst es eine Kaskade von Zusammenstößen und Kettenreaktionen aus. Als Ergebnis regnet es Elektronen und Positronen auf den Boden und damit auch auf die Detektoren. Mittels Computeranalyse lassen sich aus den Daten die ursprüngliche Energie und Flugrichtung des Partikels berechnen.

Nach Aussage von Takeda reichen die sechs weiteren nachgewiesenen Teilchen mit mehr als 1019 eV aus um anzunehmen, daß eine statistisch signifikante Anzahl von Ereignissen das GZK-Limit überschreitet. Unter der Voraussetzung, daß die Mikrowellen-Hintergrundstrahlung tatsächlich eine Obergrenze für die Teilchenenergie setzt, muß die kosmische Höhenstrahlung in einer Entfernung von höchstens 163 Millionen Lichtjahren entstanden sein. Ihr Ursprung liegt dann folglich irgendwo zwischen den benachbarten Galaxien. Bloß wo dieses irgendwo ist, kann niemand sagen.

Die Astronomen hoffen, mit Hilfe größerer Detektoren eine Antwort zu finden. Vielleicht wird dann auch der bisherige Energierekord gebrochen, der im Jahre 1991 gemessen wurde. Er lag bei etwa 3,2*1020 eV und brachte dem Teilchen den Spitznamen "Oh-my-god-particle" ein.

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