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Toxoplasmose: Mörderischer Schmarotzer

Parasiteninfektion könnte Suizid fördern.
<i>Toxoplasma gondii</i> in Wirtszelle

Viele Menschen sind – ohne es zu bemerken – mit dem einzelligen Katzenparasiten Toxoplasma gondii infiziert. Die Infektion verläuft beim Menschen oft ohne auffällige akute Symptome. Seit langem diskutieren Forscher aber, ob sich der Parasit nicht langfristig auch auf die Psyche auswirkt. Eine neue Studie scheint dies nun zu bestätigen: Bei Toxoplasma-Infizierten könnte die Neigung zu autoaggressivem Verhalten und Selbstmord steigen, fürchten Forscher um Teodor Postolache von der University of Maryland und seine Kollegen.

Lebenszyklus | Entwicklungszyklus von Toxoplasma gondii, dem Erreger der Toxoplasmose: Natürlicher Zwischenwirt ist die Maus, potenzielle Zwischenwirte sind viele Warmblüter, einschließlich des Menschen. Endwirt ist die Katze.

Die Wissenschaftler ziehen diesen Schluss nach einer prospektiven Kohortenstudie mit gut 45 000 Frauen, die zwischen 1992 und 1995 in Dänemark Kinder zur Welt gebracht hatten und in einer staatlichen Datenbank registriert worden sind [1]. Kurz nach der Geburt wurden die jungen Mütter auf Toxoplasma-Antikörper untersucht, um herauszufinden, ob sie sich bereits mit dem Parasiten infiziert hatten. Nun ermittelten die Forscher anhand der Gesundheitsregister in der Rückschau, ob die Frauen seitdem Selbstmordversuche unternommen oder anderweitig autoaggressive Vehaltensweisen gezeigt hatten. Tatsächlich ergab die Auswertung, dass die mit Toxoplasma infizierten Mütter eineinhalbmal häufiger Gewalt gegen sich selbst ausübten.

Zudem korreliert offenbar auch die Schwere einer Infektion – gemessen an der Konzentration der Antikörper – mit dem Risiko, auf besonders gewaltintensive Suizidmethoden zurückzugreifen. Dagegen hatte es keinen Einfluss, ob die Mütter schon vor Beginn des Studienzeitraums an psychischen Erkrankungen gelitten hatten.

In der Studie wurde ausschließlich nach einer Korrelation von psychologischen Auffälligkeiten sowie dokumentierten autoaggressiven Handlungen und einer Toxoplasma-Infektion gesucht; ein kausaler Zusammenhang kann demnach nicht hergestellt werden. Wie der Parasit komplexe Verhaltensweisen oder Emotionen tatsächlich beeinflussen könnte, müsse demnach spekulativ bleiben, geben die Forscher zu bedenken.

Allerdings hatten schon mehrere Studien einen Zusammenhang zwischen Toxoplasma-Infektionen und psychischen Auffälligkeiten wie etwa der Schizophrenie gefunden. Andere Forscher ermittelten, dass der Parasit den Neurotransmitterstoffwechsel im Gehirn verändert; das könnte verschiedene Verhaltensmuster beeinflussen [2]. Wie aus Tierversuchen bekannt ist, bringt Toxoplasma das Verhalten von infizierten Mäusen derart durcheinander, dass die Nager häufiger von Katzen erjagt werden, dem Endwirt des Parasiten im Zwischenwirt Nager.

Es liege demnach nahe, dass eine chronische Infektion mit dem Parasiten auch beim Menschen Prozesse in verschiedenen Hirnarealen stören könne. Die Parasiten setzen sich in den Neuronen und Gliazellen verschiedener Hirnareale mit zystenartigen Dauerstadien fest, um dem Immunsystem des Wirtes auszuweichen. Trotzdem reagiert die Körperabwehr auf chronische Infektionen, etwa indem sie entzündliche Zytokine wie TNF-alpha und IL-6 ausschüttet. Auch hier besteht eine Korrelation, denn beide Zytokine finden sich auch im Gehirn von Suizidopfern typischerweise in erhöhter Konzentration. Weitere Untersuchungen dieser Zusammenhänge seien auf jeden Fall angebracht, so die Forscher.

Menschen infizieren sich mit T. gondii über die Zysten des Schmarotzers, die sich etwa im Katzenkot, aber auch in ungewaschenem Gemüse finden können. Eine Toxoplasmose kann mit grippeähnlichen Symptomen einhergehen, oft wird sie jedoch nicht bemerkt und verläuft harmlos – rund ein Drittel der Weltbevölkerung könnte davon betroffen sein. Akut gefährlich wird es nur, wenn eine werdende Mutter sich während der Schwangerschaft erstmals ansteckt und der von Antikörpern ungeschützte Fötus infiziert wird.

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