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Die Vögel: Möwen, die auf Schüler warten

Bristols Möwen haben einen legendären Ruf als anpassungsfähige Vögel. Und sie wissen ganz genau, wann sie wo auftauchen müssen, um an leichte Beute zu gelangen.
Möwe wird gefüttert

Wer auf Bristols Strandpromenade flaniert und dabei etwas essen möchte, sollte auf der Hut sein: Die lokalen Möwen sind geschickt und dreist, und nicht wenige Fish and Chips oder andere Leckereien landen im Schnabel der hungrigen Vögel statt im Magen der Käufer. In der britischen Küstenstadt leben mehrere Tausend der Seevögel, die im Laufe der Zeit ein erstaunliches Gespür dafür entwickelt haben, wann und wo sie Futter finden. Ein bevorzugtes Ziel sind demnach die Schulhöfe von Bristol, auf denen sich die Tiere pünktlich zu den Pausenzeiten einfinden. Das berichten Anouk Spelt von der University of Bristol und ihr Team in »Ibis«.

Die Pausenzeiten fanden während des Untersuchungszeitraums zwischen 11.00 und 11.20 Uhr sowie von 12.20 bis 13 Uhr statt. Gleichzeitig zählten Spelt und Co gegen 11.45 und 12.45 Uhr die meisten Möwen auf den umliegenden Dächern, wo die Tiere darauf warteten, dass die Pause endete. Auch kurz vor Schulbeginn tauchten viele der Seevögel vor den Schulen auf, um eventuell ein schnelles Frühstück zu erhaschen. Möwen sind wenig wählerisch, wenn es um Nahrung geht: Sie fressen Fischabfälle ebenso wie Pommes oder Süßwaren.

Unklar war allerdings, ob die Opportunisten wahllos auf der Suche nach Futter umherstreifen und einfach so lukrative Orte wie Müllhalden oder Fischmärkte ansteuern oder ob sie dabei ebenso gezielt vorgehen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler statteten daher ein Dutzend Heringsmöwen (Larus fuscus) mit GPS-Sendern aus, um ihr Bewegungsmuster zu erfassen. Zudem zählten sie, wie viele Mantel-, Herings- und Lachmöwen sich an verschiedenen Orten versammelten, wo es Nahrung geben könnte. Und Spelt und Co erfassten gleichzeitig die Zahl der Menschen an diesen Plätzen und wie viel potenzielles Futter dort so anfiel.

Tatsächlich haben sich die Vögel erstaunlich gut an die Tagesgewohnheiten der Menschen angepasst: Sie trudeln gezielt an Schulen und Müllhalden ein, kurz bevor die Kinder zum Essen auftauchten oder Abfall entladen wurde. Stattdessen sparen sie sich das langwierige Umherstreifen, um Nahrhaftes zu finden. Deshalb bleiben sie an den Wochenenden auch beiden Orten fern, da es dann nichts zu fressen gibt. Parks werden dagegen morgens frequentiert, wenn dort weniger Menschen unterwegs sind, was sich womöglich positiv auf die Zahl der zugänglichen Regenwürmer oder Insekten auswirkt.

Diese Energie sparende Anpassung ans städtische Leben könnte einer der Gründe sein, warum die Tiere im Siedlungsraum an Zahl zunehmen, während ihr Bestand sonst teils stark rückläufig ist, schreiben die Forscher. Wer sein Essen übrigens nicht unfreiwillig mit Möwen teilen möchte, sollte sie direkt im Blick behalten, ermittelte das Team in einer früheren Studie. Wer die Tiere anstarrt, während man isst, verhindert, dass sie zu vorwitzig werden.

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