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News: Molekulare Chiropraktiker

Wenn Proteine - durch Hitze - aus der Form geraten, können sogenannte Chaperone helfen, die ursprüngliche Gestalt zurückzugewinnen. Jetzt haben Wissenschaftler herausgefunden, daß Chaperone auch in der Lage sind, hoffnungslose Kandidaten zu eliminieren: Bei sehr hohen Temperaturen bauen sie entfaltete Proteine einfach ab.
Wenn es Proteinen zu heiß wird, verlieren sie die Haltung und geraten völlig aus der Form. An solchen denaturierten Proteinen liegt es beispielsweise, daß das Eiweiß im Spiegelei weiß wird. Doch wenn die Moleküle ihre dreidimensionale Struktur verlieren, büßen sie auch ihre Funktion ein – mit möglicherweise fatalen Folgen für die Zellen. Doch es gibt Hilfe: Molekulare Chaperone heißen diejenigen Proteine, die aus der Form geratene Moleküle erkennen und ihnen dann eine Umgebung bieten, die ein erneutes Falten erlaubt. Die Produktion dieser molekularen Chiropraktiker wird meist mit der Körpertemperatur erhöht, so daß die Zellen mit einer größeren Anzahl an denaturierten Proteinen zurechtkommen. Eines dieser Chaperone ist DegP.

Dieses Protein war Untersuchungsgegenstand von Michael Ehrmann und seinen Kollegen an der Universität Konstanz. Einer der "Patienten" von DegP ist das Protein MaIS. Die Wissenschaftler entwickelten ein System, welches die Simulation der erneuten Proteinfaltung ermöglicht. Bei niedrigen Temperaturen brachte das Chaperon deformiertes MaIS in seine ursprüngliche Gestalt zurück. Als die Wissenschaftler die Temperatur erhöhten, zeigte sich jedoch eine ganz andere Seite von DegP: Das Chaperon baute MaIS ab.

Klingt grausam, ist aber sinnvoll. Denn je höher die Temperaturen sind, umso stärker entfalten sich die Proteine. Daß ein Überführen in die ursprüngliche Form glückt, wird dann immer unwahrscheinlicher. Ist eine bestimmte Temperatur überschritten, gibt es für die Proteine keine Hoffnung mehr. Und dann werden die Chaperonen vom Falter zum Spalter. Die Ergebnisse wurden in Cell vom 30. April 1999 veröffentlicht.

Einen möglichen Auslöser, der das Verhalten von DegP ändert, haben Ehrmann und seine Kollegen auch schon im Visier. Sie vermuten, daß das Umschalten mit einem winzigen Teil des Chaperons zusammenhängt: Dieser Abschnitt kommt erst zum Vorschein, wenn DegP aufgrund hoher Temperaturen seine Form leicht ändert. Die Forscher denken, daß diejenigen Molekülregionen, die am Abbau von Proteinen beteiligt sind, erst dann aktiv werden, wenn diese Stelle freiliegt.

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