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News: Molekularer Brückenschlag

Auch unter Krankheitserregern herrscht ein harter Konkurrenzkampf, und so verwundert es nicht, dass sich Bakterien, Viren und Pilze jeweils auf bestimmte Wirte spezialisiert haben. Selbst Pflanzen lassen die Schädlinge nicht links liegen, sondern setzen ihnen mitunter arg zu. Die unerwünschten Gäste untergraben deren Abwehrsystem, indem sie besondere Eiweißmoleküle in die pflanzlichen Zellen katapultieren. Bei diesem Prozess spielt offenbar das pflanzeneigene Protein RIN4 als Bindeglied zwischen den Kampfparteien eine Schlüsselrolle.
Als nahezu lückenlose Hülle überzieht die Epidermis den Pflanzenkörper und bildet eine erste Verteidigungslinie gegen Krankheitserreger. Aber mitunter laden Schlupflöcher pathogene Organismen ein, sich Zutritt zum Innenleben einer Pflanze zu verschaffen. Zunächst wachsen sie in Kolonien außerhalb der Wirtszellen, doch lassen sie diese keineswegs unbehelligt: Durch einen speziellen Tunnel schießen sie bestimmte Proteine – die so genannten Typ-III-Effektoren – in das Innere der Pflanzenzelle.

Mit dieser Taktik zwingen die Bakterien die Zelle zur Ausfuhr von Nährstoffen für ihre Kolonien. Und damit nicht genug: Gleichzeitig untergraben sie in Teilen deren molekulare Signalkaskade und setzen damit letztlich das Abwehrsystem ihres Opfers außer Gefecht. Aber die Pflanzen sind den Eindringlingen keineswegs hilflos ausgeliefert, verfügen sie doch über ein Überwachungssystem aus Proteinen, darunter RPM1, mit deren Hilfe sie die Krankheitserreger ausmachen können.

Wie Jeff Dangl und seine Kollegen von der University of North Carolina at Chapel Hill bereits in früheren Studien an der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) entdeckten, ist RMP1 an der Innenseite der Pflanzenzellmembran verankert. Und dieser Platz scheint taktisch klug gewählt zu sein, denn nur so vermag die Pflanzenzelle die Angreifer anhand der eingeschleusten Verbindungen zu erkennen. Allerdings gelang es bislang nicht, eine direkte Wechselwirkung zwischen den bakteriellen Typ-III-Effektor-Proteinen und dem RPM1-Rezeptor nachzuweisen.

Möglicherweise spielt ein weiteres pflanzliches Eiweißmolekül eine Art Vermittlerrolle, indem es einerseits den eindringenden Bakteriensubstanzen als Zielscheibe dient und andererseits die Pflanzenabwehr mitreguliert, mutmaßte das Team um Dangl. Und tatsächlich wurden die Forscher nun bei demselben unscheinbaren Wildkraut, das sie mit dem Bakterium Pseudomonas syringae infizierten, fündig: Das Pflanzen-Protein RIN4 reagierte nicht nur mit einem von zwei Typ-III-Effektor-Proteinen, sondern auch mit RPM1 selbst. Demnach handelt es sich bei RIN4 um ein Protein, das zwischen den Bakteriensubstanzen und dem pflanzeneigenen Abwehrmolekül eine Brücke schlägt.

Entern die bakteriellen Proteine die Pflanzenzelle, so wird ein Phosphatrest an RIN4 angeheftet. Und infolge dieser Phosphorylierung werden vermutlich die zellulären Verteidigungsmechanismen des Wirtes heruntergefahren, spekulieren die Wissenschaftler. Folglich kommt RIN4 die Funktion eines negativen Regulator der Abwehrkräfte zu: Indem die Typ-III- Effektoren auf dieses Protein abzielen, sperren sie es in der herunterregulierenden Position ein und ermöglichen somit das weitere Bakterienwachstum.

Indes scheint das Pflanzenprotein RPM1 als Wächter für Eiweißverbindungen wie RIN4 zu fungieren, die potentielle Angriffspunkte für pathogene Moleküle darstellen. Möglicherweise ist RIN4 Teil einer bislang noch unbekannten zellulären Maschinerie, die unter dem Schutz von RPM1 steht. Als nächste Herausforderung planen die Forscher nun, das Spektrum der Typ-III-Effektoren und die korrespondierenden pflanzlichen Verbindungen auf zellulärer Ebene zu identifizieren, auf die sie abzielen.

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