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News: Molekulares Zurückhalten von Informationen

DNA und RNA - Moleküle, die normalerweise für die Übertragung von genetischer Information verantwortlich sind - können auch Erbinformation unterdrücken. Der genaue Mechanismus dieses Phänomens ist noch unbekannt, allerdings weisen Untersuchungen an drei verschiedenen Spezies darauf hin, dass eine ganze Reihe unterschiedlichster Organismen den selben molekularen Apparat zum Abschalten von Genen besitzt.
Die Beeinflussung der Umsetzung der genetischen Information durch RNA – die so genannte RNA interference (RNAi) – entdeckten Wissenschaftler 1995 bei Nematoden. Sie bemerkten, dass dem Organismus zugeführte doppelsträngige RNA sämtliche messenger RNA mit der entsprechenden Basenfolge zerstörte. Dadurch wurde das Gen, dessen Information die mRNA trug, praktisch stillgelegt. Nach dieser Entdeckung setzten Wissenschaftler RNAi als neues Werkzeug ein, um bei Würmern bestimmte Gene abzuschalten und somit ihre Funktion untersuchen zu können. Offenbar nutzen noch einige andere Spezies von Mäusen bis Protozooen diese Methode, um Gene stillzulegen.

Um den Mechanismus der RNAi genauer zu erforschen, wählte das Team um den Biochemiker Scott Hammond vom Cold Spring Harbor Laboratory in New York doppelsträngige RNA für seine Untersuchungen aus, die nachgewiesener Weise das Ablesen der Information eines an der Zellteilung beteiligten Gens verhindert. Weiterhin arbeiteten die Forscher mit doppelsträngigen RNA-Molekülen, die mit der Basenfolge eines bestimmten in das Genom der Taufliege eingeschleusten Markergens übereinstimmte. Nun konnten sie verfolgen, wann RNAi auftrat, da in diesen Fällen entweder der Zellteilungsprozess oder die Expression des Markergens gestört war. Ihre Experimente zeigten, dass die Taufliege einen Proteinkomplex besitzt, der die mRNA, die dem doppelsträngigem Molekül entspricht, angreift und abbaut. Dabei erkennt vermutlich ein kurzer Bereich der doppelsträngigen RNA die Zielsequenz auf der mRNA und führt den angreifenden Proteinapparat zu dieser Stelle (Nature vom 16. März 2000).

In einem anderen Artikel der selben Ausgabe berichten der Molekularbiologe Ronald Plasterk und seine Kollegen vom Hubrecht Laboratorium in Utrecht von einer weiteren interessanten Entdeckung: Die selben Gene scheinen sowohl an RNAi als auch an einem zweiten gene silencing-Mechanismus beteiligt zu sein, der als Cosuppression bezeichnet wird. Bei diesem zweiten Phänomen verursacht das Zufügen zusätzlicher Kopien eines Genes die Stilllegung des Originals sowie aller weiteren Ausführungen. Und nicht nur das. Nematoden, deren für diese Mechanismen benötigten Gene mutiert sind, können auch die im Genom "springenden" Elemente – so genannte Transposons – nicht mehr ordentlich kontrollieren.

In einer dritten Veröffentlichung beschreibt der Molekularbiologe Carlo Cogoni von der Università degli Studî di Roma "La Sapienza" ein Gen aus dem Pilz Neurospora, das hohe Ähnlichkeit mit dem des Wurmes aufweist.

Die drei Studien, sagt Plasterk, lassen vermuten, dass die Zerstörung von mRNA zur Verhinderung der Genexpression schon vor langer Zeit entwickelt wurde und daher vielen Spezies gemein ist. Vermutlich entstand dieser Prozess, um die Vermehrung von nutzlosem genetischen Material zu verhindern. "Es riecht förmlich danach, dass der selbe Mechanismus in Vertebraten bis hin zu Pilzen existiert."

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