Motivation: Wann Belohnung nicht lohnt

Die Aussicht auf eine Belohnung kann motivierend wirken: Wir bemühen uns mehr, und das schlägt sich in der Leistung nieder. Doch offenbar trifft das nicht auf jede Art von Aufgabe zu. Eine finanzielle Motivation steigert die Leistung zwar, wenn es darum geht, Regeln anzuwenden – aber nicht, wenn es gilt, die Regeln zu erkennen. Das zeigt eine Versuchsreihe, die ein Team um die Psychologin Pamela J. Osborn Popp von der New York University in der Fachzeitschrift »Journal of Experimental Psychology: General« vorgestellt hat.
Insgesamt 800 Versuchspersonen bekamen wiederholt acht Karten vorgelegt, auf denen jeweils eine geometrische Figur abgebildet war: drei- oder viereckig, klein oder groß, schwarz oder weiß. Diese wurden bei jeder Runde aufs Neue in zwei Gruppen unterteilt. Die Aufgabe lautete nun, herauszufinden, wovon die Zuordnung zu den beiden Gruppen abhing. Mal war nur ein Merkmal – etwa die Größe – ausschlaggebend, mal eine Kombination aus zwei oder drei Merkmalen, und dazu auch noch Ausnahmeregeln, zum Beispiel: Alle großen Figuren gehören in Gruppe A, außer das weiße Quadrat; das zählt mit den kleinen Figuren zu Gruppe B. Und manchmal gab es gar keine Regel, so dass die Gruppenzugehörigkeit jeder Figur einzeln gelernt werden musste.
Ein Teil der Versuchspersonen konnte mit jeder richtigen Lösung die Chance auf einen Gewinn von bis zu zehn Dollar erhöhen. Doch diese Aussicht änderte nichts am Anteil der korrekten Lösungen – weder bei einfachen noch bei komplexen Regeln und auch dann nicht, wenn gewinnrelevante und nicht relevante Runden abwechselten und sich dieselbe Versuchsperson mal mehr, mal weniger anstrengte. Anders sah es bei einer anderen Aufgabe aus: Als die Probanden die Figuren nach vorgegebenen Regeln kategorisieren sollten, steigerten die finanziellen Anreize ihre Leistung. Demnach verhilft die Aussicht auf Belohnung nur dann zu besseren Ergebnissen, wenn die Versuchspersonen eine Regel bereits kennt und lediglich danach handeln soll. Wenn eine Regel durch Beobachtungen selbst zu erschließen ist, bringt eine zusätzliche Motivation hingegen nichts.
Die Forschenden erklären, dass dieses »induktive« Schlussfolgern deshalb trotz vermehrter Anstrengung nicht besser gelingt, weil es besondere geistige Leistungen erfordere. Um ein Muster oder eine Regel zu entdecken, müsse man von konkreten Beispielen auf allgemeine, abstrakte Gesetzmäßigkeiten schließen, das heißt aus einzelnen Beobachtungen Hypothesen ableiten und diese dann anhand weiterer Beobachtungen überprüfen. Das beansprucht das Arbeitsgedächtnis, und dessen Kapazitäten sind begrenzt – sie lassen sich nicht willentlich erweitern. Das bedeutet: Motivation hilft nicht immer. Manche Denkprozesse können wir nicht so einfach optimieren.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.