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Kosmologie: Musterhaft

Winzige Schwankungen in der Dichte der Materie kurz nach dem Urknall zeigen sich in der Verteilung der Galaxien in unserem Universum. Die Ergebnisse zweier Forschergruppen sind eine glänzende Bestätigung der Theorien, wie aus einem anfänglichen Kosmos, in dem die Materie nahezu gleichförmig verteilt war, sich dichte Stern- und Galaxienhaufen bilden konnten.
2dFGRS
Eines der wichtigsten Ziele der Kosmologie ist zu verstehen, wie sich die heutigen Strukturen aus einem anfangs homogenen Universum bildeten. Schon lange wurden Dichteschwankungen kurz nach dem Urknall vermutet: Nur dann konnte sich Materie weiter ansammeln und sich so weit verdichten, dass die ersten Sterne und Galaxien entstanden. Vermutlich sind Quantenfluktuationen, kurz nachdem das Universum geboren war, für die Variationen verantwortlich.

Nachgewiesen wurden die Schwankungen schließlich 1992 durch Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung mit dem Cosmic Background Explorer (COBE) und mit besserer Auflösung durch die Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (2003) der Nasa. Aber dieses Nachleuchten des Big Bang entstammt einer Zeit, als das Universum gerade einmal 400 000 Jahre alt war. Danach schloss sich die Dunkle Ära an, bevor die ersten Sterne das Weltall erhellten.

In zwei Himmelsdurchmusterungen, dem Two-Degree Field Galaxy Redshift Survey (2dFGRS) und dem Sloan Digital Sky Survey (SDSS), fanden sich nun Anzeichen, dass in den gegenseitigen Abständen von Galaxien, die zehn Milliarden Jahre nach dem Urknall existierten, sich diese primordialen Dichteschwankungen ebenfalls zeigen. Somit fand sich endlich eine klare Verbindung zwischen der heutigen körnigen Struktur des Kosmos und seinen Anfängen.

Der Two-Degree Field Galaxy Redshift Survey (2dFGRS)

Astronomen brauchten zehn Jahre, um mit dem Anglo-Australian Telescope die Verteilung von etwa 221 000 Galaxien zu erforschen. Diese Milchstraßensysteme verteilen sich in drei Himmelsregionen und sind bis zu zwei Milliarden Lichtjahre entfernt. Aber nicht nur ihre Verteilung wurde untersucht: Aus den Messdaten konnte die Dichte der Materie in unserem Universum bestimmt werden. Dieser Wert ist einer der Größen, die das zukünftige Schicksal des Weltalls bestimmen.

Ein weiterer Parameter dafür ist der Anteil der Dunklen Materie, für den die Himmelsdurchmusterung ebenfalls ein verlässliches Ergebnis lieferte. Andere Untersuchungen vertieften das Wissen über die Sternentstehungsraten im Laufe der Evolution des Alls. Ermöglicht wurde die riesige Datenmenge durch eine trickreiche Messtechnik: Die Astronomen konstruierten ein Gerät, mit dem sie in einem zwei Grad großen Feld gleichzeitig Spektren von 400 Objekten aufnehmen konnten.

Der Sloan Digital Sky Survey (SDSS)

Auf einen einfachen Nenner gebracht, ist der SDSS das ambitionierteste astronomische Projekt, das jemals begonnen wurde. Geplant ist, ein Viertel des gesamten Himmels detailliert zu kartieren und die Positionen und absoluten Helligkeiten von mehr als hundert Millionen Himmelsobjekten zu messen. Außerdem soll es die Entfernung von mehr als einer Million Galaxien und Quasaren bestimmen. Betrieben wird die Himmelsdurchmusterung vom Astrophysical Research Consortium (ARC) am Apache Point Observatorium in den USA. Neben Instituten aus den Vereinigten Staaten von Amerika sind auch Forschungseinrichtungen aus Japan und Korea beteiligt. Aus Deutschland nehmen die Max-Planck-Institute für Astronomie (Heidelberg) und Astrophysik (Garching) daran teil.

Echo des Urknalls in der Hintergrundstrahlung | Eine Karte der Galaxienverteilung in einem Ausschnitt des Sloan Digital Sky Survey (SDSS): Die Erde befindet sich unten, dargestellt durch ein Bild des SDSS-Teleskops am Apache Point Observatory in New Mexico. Jeder Punkt steht für eine Galaxie. In den ersten Jahrmillionen nach dem Urknall breiteten sich Wellen im kosmischen Gas aus. Anhand der Karten der Galaxienverteilung entdeckten die SDSS-Forscher die Überreste dieser Wellen.
Die Forschergruppen untersuchten die paarweisen Abstände zwischen 46 748 (SDSS) beziehungsweise 221 414 (2dFGRS) Galaxien. Dabei stellte sich heraus, das die Anzahl derjenigen, die 500 Millionen Lichtjahre von einander entfernt sind, am größten ist. "Das Erstaunliche an diesen Ergebnissen ist die perfekte Übereinstimmung mit den Vorhersagen unseres kosmologischen Standardmodells", erklärt Daniel Eisenstein von der Universität von Arizona in Tucson. "Die Gestalt des Universums wird zum großen Teil von der Dunklen Energie bestimmt. Diese geheimnisvolle Kraft treibt die Expansion des Universums stärker an als erwartet."

Für Carlos Frenk von der Durham-Universität in Großbritannien sind die Befunde der genetische Fingerabdruck unseres Universums, da sie eine direkte evolutionäre Verbindung zum Urknall zeigten. Ihre Entdeckung sei ein Meilenstein für das Verständnis der Entwicklung unseres Universums.

Die Forschungsteams hoffen nun, das die Himmelsdurchmusterungen es erlauben, die Änderung der Expansionsrate im Laufe der Zeit bestimmen zu können. In den letzten Milliarden Jahren scheint der Einfluss der Dunklen Energie stärker geworden zu sein.

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