Bindung: Vom Partner zum Fremden in acht Jahren

Tief gehende emotionale Bindungen entstehen etwa zwischen Eltern und Kindern, aber auch in Liebesbeziehungen. Forschende der University of Illinois haben nun untersucht, was eigentlich mit diesen Bindungen passiert, wenn eine Partnerschaft endet: Besteht die emotionale Nähe weiter – nach dem Motto »Alte Liebe rostet nicht«? Oder löst sich die Verbundenheit im Lauf der Zeit komplett auf?
Um das herauszufinden, befragten die Psychologin Jia Chong und ihr Kollege Chris Fraley 328 Erwachsene über eine vergangene, mindestens zweijährige Beziehung. Im Durchschnitt hatte die Partnerschaft vier Jahre und acht Monate angedauert, und die Trennung lag zum Zeitpunkt der Befragung im Mittel rund fünf Jahre zurück.
Die Teilnehmenden sollten angeben, inwieweit sie ihren ehemaligen Partner immer noch als Bezugsperson sahen – zum Beispiel, ob sie Probleme und Sorgen mit ihm besprechen oder dies zumindest gern tun würden, wenn noch Kontakt bestünde. Außerdem beantworteten sie Fragen zu ihrem Bindungsverhalten im Allgemeinen, etwa in Bezug auf Familienmitglieder und Freunde.
Aus den Antworten der Befragten und der seit dem Beziehungsende vergangenen Zeit errechneten die Forschenden eine Art »Zerfallskurve« für romantische Bindungen. Demnach dauert es im Durchschnitt etwa vier Jahre, bis die Intensität der Bindung um die Hälfte zurückgegangen ist. Nach rund sieben bis acht Jahren ist der emotionale Bezug zum Expartner dann nicht mehr stärker als der zu einer fremden Person. Das galt für Männer wie Frauen gleichermaßen.
Nicht allen gelingt es, sich vollständig zu lösen
Viele Menschen würden also vollständig über verflossene Liebschaften hinwegkommen, so Chong und Fraley – allerdings brauche das meist recht viel Zeit. Vor allem aber stellen sie klar, dass der Prozess sehr individuell abläuft: Die Zeiträume schwankten, und längst nicht alle Befragten erreichten eine vollständige emotionale Loslösung vom ehemaligen Partner.
Länger dauert der Prozess beispielsweise bei Menschen mit einem eher ängstlichen Bindungsstil – die viel emotionale Bestätigung brauchen. Ein vermeidender Bindungsstil hingegen, bei dem Menschen meist eher Abstand halten, ging mit einer schnelleren Abnabelung einher. Regelmäßiger Kontakt mit dem Expartner, egal ob persönlich oder digital, verlängerte ebenfalls die emotionale Bindung. Außerdem lösten sich Personen, die verlassen wurden, meist langsamer als jene, die die Trennung selbst herbeigeführt hatten.
Chong und Fraley vermuten, dass das Festhalten an einer alten Beziehung das psychische Wohlbefinden beeinträchtigen kann. Auf diese Weise könnte sich ein ängstliches Bindungsverhalten auch über eine bestehende Beziehung hinaus ungünstig auswirken.
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