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News: Nackte DNA gibt rheumatischen Nagern wieder Kraft

Ringförmige DNA, die ohne weitere Hilfsmoleküle oder Genfähren in das Muskelgewebe von Ratten mit Symptomen von chronischer Arthritis gespritzt wurde, führte zu einer deutlichen Reduktion der Krankheitsmerkmale. Zudem traten keine Nebenwirkungen auf, von denen die Behandlung mit dem entsprechenden Protein begleitet ist.
Xaio-yu Song und Sharon Wahl vom National Institute of Dental Research (NIDR) sowie MiLi Gu von der Food and Drug Administration (FDA) verwandten in ihren Versuchen DNA, die in Form eines Plasmids vorlag. Dabei ist der doppelte DNA-Strang aus Nucleinsäuren zu einem Ring geschlossen, wird aber nicht von anderen schützenden Molekülen, wie beispielsweise Proteinen, begleitet. Die Reihenfolge der Bausteine codierte unter anderem für den menschlichen veränderlichen Wachstumsfaktor beta (TGF-beta, transforming growth factor beta). Dem zugehörigen Protein kommt eine Schlüsselrolle bei der Steuerung von Entzündungsprozessen zu – der Reaktion des Körpers auf Infektionen oder geschädigtes Gewebe.

Die Wissenschaftler testeten das TGF-beta-Plasmid an Ratten auf seine Wirkung auf die beim Menschen auftretende rheumatische Arthritis (The Journal of Clinical Investigation vom 15. Juni 1998). Sie induzierten bei den Tieren eine Entzündung der Hand- und Fußgelenke, indem sie ihnen bakterielle Zellwandpräparate in den Unterleib injizierten. Die Phase der akuten Arthritis dauert einige Tage, wonach sie sich in eine langanhaltende chronische Krankheit umwandelte. Diese ist durch eine Erosion von Knorpel und Knochen innerhalb der Gelenke gekennzeichnet. Nachdem die Forscher TGF-beta-Plasmide in das Muskelgewebe gespritzt hatten, bemerkten sie, daß die Krankheitssymptome in den Gelenken dramatisch zurückgingen. Sowohl die Anzahl der betroffenen Gelenke als auch das Ausmaß der Schwellungen nahmen ab.

Eine vorbeugende Injektion des Plasmids vor dem Beginn der Arthritis durch die gespritzten Bakterienbruchstücke konnte den Ausbruch der Krankheit nicht verhindern. Deren Verlauf in der später folgenden chronischen Phase ließ sich allerdings zu verschiedenen Zeitpunkten durch die Gentherapie lindern. Die Entzündung ging zu einem großen Teil zurück, und im wesentlichen wurden weder Knorpel noch Knochen zerstört. Schon eine einzige Injektion des Plasmids in den Muskel vermochte die Symptome der Arthritis für bis zu drei Monate zu unterdrücken.

Vorhergehende Experimente hatten gezeigt, daß das TGF-beta-Protein wirksam vor der Zerstörung der Gelenke schützt. Das Ergebnis war allerdings davon abhängig, in welches Gewebe der Wachstumsfaktor gebracht wurde. Eine direkte Injektion von TGF-beta in die Gelenke führte zu einer Verschlimmerung der Krankheit. Im Gegensatz dazu verringerten sich die Symptome drastisch, wenn das Protein in den Unterleib oder unter die Haut injiziert wurde, was den Eintritt in den Blutkreislauf ermöglichte. Die Forscher mutmaßten daraufhin, daß das TGF-beta seine Wirkungen indirekt durch Zellen ausübt, die sich außerhalb des Gelenkes selbst befinden. Die indirekte Zufuhr birgt allerdings das Risiko von Knochenmarksschädigungen, Anämie, und der Bildung von Fasergewebe in den Nieren in sich – unerwünschte Nebenwirkungen, die eintreten, wenn der gesamte Körper hohen Dosen von TGF-beta ausgesetzt ist.

Für Song und Wahl war darum klar, daß der Einsatz des Gens für TGF-beta sinnvoller sein könnte als die direkte Verwendung des Proteins. Das Gen könnte für eine gleichbleibend geringe Versorgung mit TGF sorgen, ohne die empfindliche Balance der übrigen Körperfunktionen zu stören.

Doch die herkömmlichen Methoden der Gentherapie sind ebenfalls mit Schwierigkeiten gespickt. So muß das Gen irgendwie in die Wirtzelle integriert werden. Gewöhnlich packt man die DNA dazu in einen viralen Vektor, einen unschädlich gemachten Virus, der die Wirtzellen infiziert und das gewünschte Gen mit sich trägt. Derartige Gentransfers wirken jedoch meist nur kurzfristig, und wiederholte Versuche sind zum Scheitern verurteilt, sobald das Immunsystem den eindringenden Virus erkennt und zerstört. Darüberhinaus entzündet sich das Wirtsgewebe häufig durch den Virus. Plasmide rufen dagegen keine Entzündungen hervor und werden vom Immunsystem nicht angegriffen.

Die Forscher glauben, mit ihrer Methode später einmal auch Menschen behandeln und die Folgen der Arthritis mildern zu können.

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