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Nahrungskette: Stirbt der Hai, stirbt das Riff

Verschwinden die großen Raubfische, löst das eine Kettenreaktion aus, von der kleinere Raubfische und Dornenkronenseesterne profitieren – nur das Korallenriff nicht.
Ein Dornenkronenseestern (Acanthaster planci) bewegt sich über ein Korallenriff. Der Seestern hat lange, spitze Stacheln und ist auf einer Mischung aus gesunden und gebleichten Korallen zu sehen. Im Hintergrund erstreckt sich das Riff in tiefere Gewässer. Dieses Bild veranschaulicht die Auswirkungen von Seesternbefall auf Korallenriffe.
Dornenkronenseesterne fressen Korallen und können diese schwer schädigen, wenn sie sich massenhaft verbreiten.

Weltweit stehen Haie und Korallenriffe unter Druck: Geschätzte 100 Millionen Haie werden jedes Jahr gefangen und getötet, während die Riffe unter Klimawandel und Versauerung der Meere leiden. Eine Studie von Mark Meekan von der University of Western Australia in Crawley und seinem Team zeigt, dass das Verschwinden der großen Raubfische die Situation für Riffe regional noch verschärft: Es löst eine Kettenreaktion in der Nahrungskette aus, an deren Ende schließlich die Korallen massenhaft durch Dornenkronenseesterne (Acanthaster planci) gefressen und vernichtet werden.

Die Seesterne sind normaler Bestandteil vieler Riffe im indopazifischen Raum und ernähren sich von Steinkorallen, die sie abweiden. Selbst werden sie von Raubfischen mittlerer Größe wie Schnappern oder Großkopfschnappern gefressen, die wiederum zur Beute größerer Riffhaie gehören. Letztlich halten die Bestände der einen auch die Populationen der anderen im Zaum. Zusätzlich beeinflussen die Haie auch das Verhalten der kleineren Raubfische, die sich nahe dem Grund oder der Korallen aufhalten, wenn Haie im Ökosystem vorkommen. Dort ernähren sich Schnapper und Co verstärkt von Krusten- und Weichtieren sowie von den Seesternen.

In vielen Regionen wurde die Zahl der Haie jedoch durch Fischfang drastisch reduziert oder sind sie komplett verschwunden. Dadurch nahm zwar die Zahl der kleineren Raubfische zu (sofern sie nicht ebenfalls befischt werden), doch wechselten sie ebenso ihr Jagdgebiet: Sie fokussieren sich dann auf das offene Wasser und Beute wie kleinere Fische oder Tintenfische, was unter anderem den Jagddruck auf die Dornenkronenseesterne mindert. Diese vermehren sich stärker und fressen sich intensiver durch das Riff.

Das belegen die Daten der Wissenschaftler: In Meeresreservaten, in denen nicht gefischt wird und auch Spitzenraubfische vorkommen, ist die Zahl der Dornenkronenseesterne beträchtlich kleiner und sind die Riffe gesünder und widerstandsfähiger. In anderen Teilen des Indopazifiks, in denen intensiv gefischt wird und vor allem Haie gejagt werden, kommt es dagegen inzwischen regelmäßig zu größeren Massenvermehrungen der Seesterne mit schweren Folgen für die Riffe.

Angesichts des starken Drucks, unter dem diese Ökosysteme durch Klimawandel oder Wasserverschmutzung ohnehin stehen, fordern Meekan und Co, dringend die Fischereipraxis in vielen Teilen des Indopazifiks zu ändern. Neben der Einrichtung weiterer Meeresreservate müssten vor allem die Haie stärker geschützt werden, um ihre kontrollierende Rolle in der Nahrungskette zu bewahren.

  • Quellen
Communications Biology 10.1038/s42003–025–07716–6, 2025

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