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News: Nano-Taxi im Kampf gegen Krebs

An Nanopartikel gebundene Gene könnten gezielt in Tumoren eingeschleust werden und diese dahinschmelzen lassen.
Je größer ein Krebsgeschwür wird, desto mehr Nährstoffe und vor allem Sauerstoff braucht es zum Überleben. Um sich mit allem Notwendigen zu versorgen, fördert der Tumor das Wachstum neuer Blutgefäße und lockt die Leitbahnen regelrecht in seine Richtung. Durch den als Angiogenese bezeichneten Prozess ist das Geschwür nun ans Blutgefäß angeschlossen und kann auch Tochtergeschwüre durch die Bahnen auf die Reise schicken.

Das Sprießen neuer Gefäße lässt sich jedoch unterbinden. Vor einigen Jahren galten entsprechende Medikamente - die so genannten Angiogenesehemmer - als wahre Wunderwaffen im Kampf gegen Krebs. Die im Tiermodell so erfolgreichen Mittel erwiesen sich jedoch in klinischen Studien tragischerweise als nicht mehr so wirksam, da die Substanzen ihren Zielort oft verpassten und in den unendlichen Weiten des Blutsystems verloren gingen.

Abhilfe schafften nun Forscher des The Scripps Research Institute in La Jolla. Das Team um David Cheresh kombinierte hierzu ein Gen, das gezielt die Bildung neuer Blutgefäße unterbindet, mit einem winzigen Transportmittel im Nanomaßstab. Die Nanopartikel, die lediglich einen Durchmesser von 50 bis 100 Nanometern aufwiesen, steuerten die Achillesferse der Tumoren ganz gezielt an und luden ihre Genfracht dort ab.

Ob ihre Technik wirklich funktionierte, überprüften die Forscher zuerst mit einem gut sichtbaren Fahrgast. So befestigten sie an den winzigen Taxen Gene für Luciferase oder für grün fluoreszierendes Protein; wodurch Substanzen entstehen, die unter dem Mikroskop durch ihre Leuchtkraft nicht zu übersehen waren. Und tatsächlich glühten die Geschwüre von behandelten Mäuse deutlich grün auf.

Dass die Nano-Taxen nur ihr Ziel verfolgen und dort selektiv binden, verdanken sie einem Membranprotein auf den nagelneuen Blutgefäßen. Das Protein schlängelt sich hauptsächlich durch die Membran neu gebildeter Leitungsbahnen, während es bei bereits etablierten Gefäßen kaum vorkommt. Diesen Umstand nutzen die Wissenschaftler und statteten ihre Nanopartikel mit Molekülen aus, die von diesem Membranprotein alpha-v-beta-3 nahezu magisch angezogen werden. Nach dem Andocken an die Membran der gewünschten Blutgefäße ziehen die Membranproteine den Gast ins Innere der Zelle.

Hier kommt dann der zweite Teil der "Kombilösung" ins Spiel. Eine fehlerhafte Kopie des Raf-Gens haftet ebenfalls am Nano-Taxi und sorgt am Zielort für versiegende Blutzufuhr der Tumoren. Ist die Angiogenese einmal gestoppt, verhungern die Krebszellen, und der Tumor ist endgültig zerstört. Im Mausmodell demonstrierte die neue Mixtur eindrucksvoll ihre Wirksamkeit: Sie ließ riesige Geschwüre geradezu dahinschmelzen. Rechnet man das Verhältnis zwischen Mausgewicht und verschwundenem Tumor um, so würde bei einem achtzig Kilogramm schweren Mann ein Geschwür von zwei Kilogramm verschwinden. Einfach so, ohne Operation, in nur sechs Tagen.

Der nächste Schritt soll, sagt Cheresh, die Verfeinerung der Technik sein. Möglichst breit soll dann das Spektrum sein, auf dem die neue Krebswaffe anschließend wirksam arbeiten kann. Funktioniert die Lieferung im Nano-Taxi bei Krebs, könnte die Technik auch bei anderen Krankheiten Anwendung finden, etwa bei Herzerkrankungen, Infarkten, rheumatoider Arthritis oder Diabetes. Denn all diese unterschiedlichen Krankheiten verbindet eine Gemeinsamkeit: die Hauptrolle spielt immer die Angiogenese.

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