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News: Nano-Zwiebeln halten zusammen

Seit Entdeckung der Fullerene Mitte der achtziger Jahre staunten Wissenschaftler nicht schlecht über deren bemerkenswerte Eigenschaften. Doch so vielversprechend Stabilität, Leitfähigkeit und Elastizität der einzelnen Moleküle auch sind, bis heute gelang es nicht, aus ihnen einen brauchbaren Werkstoff herzustellen. Vielleicht springen bald Nano-Zwiebeln aus Kohlenstoff und Stickstoff in die Bresche, denn diese ineinander geschachtelten fullerenartigen Strukturen bilden feste Bindungen zueinander aus.
Ihre Struktur erinnert an winzige Fußbälle: Aus 12 Fünfecken und 20 Sechsecken besteht das kugelrunde Kohlenstoff-60-Molekül. Und da der Architekt Richard Buckminster Fuller ganz ähnliche Polyederkonstruktionen für seine Kuppelbauten verwendete, kam man für die kleinen Nanostrukturen schnell auf den Namen Buckminster-Fulleren oder Buckyball. Bereits in den achtziger Jahren entdeckten Wissenschaftler diese Modifikation des Kohlenstoff, und seitdem durften sie ein ums andere Mal deren erstaunliche Eigenschaften bewundern.

So leiten viele Fullerene Strom, und manche von ihnen sind bei tiefen Temperaturen sogar supraleitend. Außerdem zeichnen sich die winzigen Gebilde auch durch eine besonders hohe Stabilität aus, ein Verbundmaterial aus ihnen sollte demzufolge nahezu unzerbrechlich sein. Doch die wenigsten Versuche, ein solches Material – ein Fullerit – herzustellen, waren von Erfolg gekrönt. Denn die Fullerene binden nur über die verhältnismäßig schwache Van-der-Waals-Kraft aneinander, sodass von einem festen Verbund keine Rede sein kann.

Doch dieses Problem ließ sich nun offenbar lösen, indem Forscher anstelle von reinen Kohlenstoff-Molekülen fullerenartige Gebilde aus Kohlenstoff und Stickstoff verwendeten. Der Stickstoff sorgt nämlich für starke kovalente Bindungen zwischen den einzelnen Bällchen. Dabei bestanden diese von Jörg Neidhardt von der Linköping University und seinen Kollegen hergestellten Exemplare nicht nur aus einfachen hohlen Kugeln sondern gleich aus mehrwandigen, zwiebelähnlichen Gebilden.

Zur Herstellung verwendeten die Wissenschaftler ein gängiges Verfahren aus Industrie und Forschung, das so genannte Magnetron-Sputtern. Hierbei wird ein Material – das Target – durch den Beschuss mit Ionen abgetragen. Die Ionen entstehen ihrerseits durch Stöße von Elektronen mit einem Sputtergas. Beim Magnetron-Sputtern macht man sich nun ein Magnetfeld in der Nähe des Targets zu nutzen, das die Elektronen auf spiralförmige Bahnen zwingt und die Ionenausbeute und damit auch die Zahl der Target-Atome im Gas deutlich erhöht. So lassen sich beispielsweise Nanometer dünne Filme aus dem Target-Material abscheiden.

Hultman und seine Kollegen schieden jedoch keine Filme ab, sie mischten die verdampften Atome vielmehr mit Stickstoffgas, das sie in die Versuchskammer einließen. Unter geeigneten Bedingungen erreichten die Wissenschaftler so, dass ein Material aus den zwiebelartigen Buckyballs auf einer Oberfläche kondensierte. Hochauflösenden elektronenmikroskopischen Aufnahmen entnahmen die Wissenschafter, dass jedes dieser Zwiebel-Moleküle ein paar Nanometer groß war und einen Kern aus C48N12 besaß – einem Fulleren, das man bis dato noch nicht kannte.

Weiterhin stellten die Forscher sowohl mit mechanischen Tests sowie mit Strukturrechnungen fest, wie stark die Nano-Zwiebeln aneinander gebunden sind. Dazu kerbten die Wissenschaftler das Material mit einer Diamantspitze etwas ein. "Es ist etwas härter als Titannitrid, aber mit seiner Elastizität der Titanverbindung deutlich überlegen", freut sich Niklas Hellgren von der University of Illinois in Urbana.

Der Forscher überlegt schon, inwieweit sich die Nano-Zwiebeln als Schutzschicht für die magnetischen Scheiben einer Festplatte oder bei medizinischen Implantaten nutzen lassen. Denn biologisch verträglich scheint das Material auch zu sein. Vielleicht können die Fullerene also in dieser Form ihren Siegeszug fortsetzen, den sie vor gut 15 Jahren begannen.

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