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News: Nanotechnologische Gedächtnisstütze

Fast alle Computerspeicher leiden an akuter Gedächtnisschwäche und müssen deshalb ständig innerhalb von Sekundenbruchteilen an ihre Informationen erinnert werden. Nanometer-dünne Schichten könnten dem Erinnerungsvermögen jedoch nachhaltig auf die Sprünge helfen.
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Selbst die Arbeitsspeicher moderner Computer haben nur ein extrem kurzes Gedächtnis, das einige hundert Mal in der Sekunde elektronisch aufgefrischt werden muss. Deshalb gehen alle Informationen in diesem Speicher sofort verloren, wenn der Computer einmal von der Stromversorgung getrennt wird. Nach dem Einschalten muss er dann beim Booten erst wieder alle Daten mühsam von der Festplatte laden – sofern sie der Nutzer zuvor rechtzeitig gespeichert hatte. Das ist ein zeitaufwändiger und lästiger Prozess, weshalb sich viele Forschergruppen weltweit mit der Entwicklung so genannter nichtflüchtiger Festkörperspeicher befassen.

Zu den aussichtsreichsten Kandidaten gehören hier neben den MRAMs (magnetic random access memories) die FRAMs (ferroelectric random access memories), die aus so genannten Ferroelektrika bestehen. Das sind Materialien deren Ladungen auf mikroskopischer Ebene auch ohne ein von außen angelegtes elektrisches Feld bevorzugt in einer Richtung verrückt sind. So als drückte sich Sand, den man zuvor in einen Eierkarton gestreut hat, bevorzugt an eine Seite der Mulden, ohne dass man den Karton zu dieser Seite neigen müsste.

Das Lanthan-Wismut-Titan-Oxid La0,75Bi3,25Ti4O12 galt hierbei als besonders vielversprechend, ließ sich bisher jedoch nicht so als dünne Schicht auf einem Silicium-Wafern abscheiden, dass die guten Speichereigenschaften des Materials auch hier erhalten blieben. Das liegt daran, dass diese Schichten stark dazu neigen, in einer für die Anwendung "falschen" Kristallorientierung zu wachsen. Die besonderen Speichereigenschaften sind nämlich an eine ganz bestimmte Orientierung gebunden, die so genannte a-Achsen-Orientierung, und die ließ sich bisher in dünnen Schichten nicht verwirklichen.

Einer Arbeitsgruppe des Max-Planck-Instituts für Mikrostrukturphysik in Halle an der Saale um Dietrich Hesse und Ho Nyung Lee ist es nun gelungen, einen Weg zu finden, auf Silicium-Wafern dünne derartige Schichten herzustellen, die zu 99 Prozent über die gewünschte a-Achsen-Orientierung verfügen. Das erreichten sie vor allem, indem sie eine 60 Nanometer dicke Pufferschicht aus Yttrium-Zirkon-Oxid mit einer darüber befindlichen, elastisch gedehnten, nur zehn Nanometer dünnen Elektrodenschicht aus Strontium-Ruthenium-Oxid kombinierten. Darüber hinaus verwendeten die Wissenschaftler bei der Herstellung der Schichten mit einem Laserverfahren einen besonders hohen Sauerstoffdruck, der für die richtige chemische Zusammensetzung der Lagen sorgte.

Wie sich herausstellte, verfügten die so erzeugten Dünnschichten tatsächlich über die gewünschten Speichereigenschaften. Diese werden durch zwei physikalische Größen beschrieben: zum einen durch die "remanente Polarisation" – sie beschreibt die Größe des möglichen Speichersignals als gespeicherte Ladung pro Flächeneinheit, zum anderen durch die "Ermüdungsfestigkeit" – die Auskunft über die Langzeitstabilität der Speicherschicht gibt. Sie beschreibt die prozentuale Abnahme der remanenten Polarisation nach einer bestimmten Zahl von Lese-Schreib-Zyklen und lässt sich demzufolge durch Langzeitexperimente ermitteln.

Bei der remanenten Polarisation haben die Hallenser Wissenschaftler mit ihren Schichten einen neuen Weltrekord aufgestellt, der etwa 50 Prozent über den bisher erreichten Werten liegt. Bei der Ermüdungsfestigkeit zeigen die bisher durchgeführten Langzeitexperimente, dass die remanente Polarisation nach zehn Milliarden Lese-Schreib-Zyklen lediglich um etwa neun Prozent abnimmt – ein guter Wert, der hoffen lässt, dass künftige Speichermedien aus diesem Material entsprechend lange Haltbarkeit aufweisen. Bis es allerdings soweit ist, muss noch einige Optimierungsarbeit geleistet werden, wie auch die Forscher meinen.

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