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Egos im Ländervergleich: Wer ist Narzissmus-Weltmeister?

Egal, wo: Für Ich-Sucht sind rund um den Globus dieselben Merkmale typisch. Doch ausgerechnet Deutschland landet im internationalen Vergleich auf einem überraschenden Platz.
Ein Globus mit eingezeichneten Längen- und Breitengraden steht auf einem Tisch. Mehrere kleine Flaggen verschiedener Länder sind auf der Oberfläche des Globus verteilt, darunter die Flaggen von Deutschland, China, den USA und Japan. Der Hintergrund ist einfarbig blau. Der Globus symbolisiert internationale Vielfalt und globale Vernetzung.
Wo sind die Leute am narzisstischsten?

Jüngere Menschen, Männer und Personen, die sich selbst als sozial höhergestellt wahrnehmen, zeigen weltweit die höchsten Narzissmuswerte. Dieses Muster findet sich über sehr unterschiedliche Gesellschaften hinweg. Das zeigt eine Studie, die im Dezember 2025 im Fachblatt »Self and Identity« erschienen ist.

Die Untersuchung führte ein Team um Macy M. Miscikowski von der Michigan State University durch. Die Fachleute werteten Daten von über 45 000 Erwachsenen aus 53 Ländern aus, die im Rahmen eines internationalen Forschungsprojekts erhoben worden waren. Erfasst wurden Alter, Geschlecht, subjektiv empfundener sozialer Status sowie verschiedene Facetten des Narzissmus. Zusätzlich flossen kulturelle Merkmale der Länder in die Analyse ein, darunter wirtschaftlicher Wohlstand sowie der Grad an Individualismus oder Kollektivismus.

Narzissmus wurde dabei nicht als einheitliches Merkmal verstanden, sondern in zwei Komponenten unterteilt: eine bewunderungsorientierte Seite, die mit Selbstaufwertung, Durchsetzungsfähigkeit und dem Wunsch nach Anerkennung verbunden ist, sowie eine rivalisierende Seite, die sich durch Abwertung anderer und Konkurrenzdenken auszeichnet. Diese Unterscheidung gilt in der Persönlichkeitsforschung als besonders aussagekräftig.

Jung, männlich, privilegiert

Um die Ausprägungen zu erfassen, haben Miscikowski und Kollegen die Teilnehmenden gebeten, einen standardisierten Fragebogen auszufüllen. Ebenso sollten die Probanden ihre eigene gesellschaftliche Stellung auf einer Rangskala einschätzen. Anschließend verglichen die Forschenden die Zusammenhänge zwischen den Merkmalen innerhalb eines Landes und den Ländern untereinander mithilfe statistischer Modelle.

Das Ergebnis bestätigte bekannte Muster: Jüngere Erwachsene erreichten im Schnitt höhere Narzissmuswerte als ältere, Männer höhere als Frauen, und Personen mit höherem subjektivem Status höhere als solche mit niedrigerem. Diese Unterschiede zeigten sich sowohl für die bewundernde als auch für die rivalisierende Form des Narzissmus – und nahezu unabhängig vom kulturellen Kontext.

Auf Länderebene ergaben sich dennoch Unterschiede im Durchschnittsniveau. In wohlhabenderen und stärker kollektivistisch geprägten Gesellschaften war Narzissmus insgesamt verbreiteter, insbesondere bei der bewunderungsorientierten Ausprägung. Das widerspricht der Idee, Narzissmus sei ein Produkt individualistischer Kulturen. Am höchsten fielen die Werte in Deutschland aus, gefolgt von Irak, China, Nepal und Südkorea. Die niedrigsten Werte zeigten sich in Serbien, Irland, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden und Dänemark.

Warum Deutschland hervorsticht, bleibt offen. Die Forschenden betonen, dass es sich um Mittelwerte auf Bevölkerungsebene handelt, nicht um Aussagen über einzelne Personen.

  • Quellen
Miscikowski, M. et al., Self and Identity 10.1080/15298868.2025.2593298, 2025

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