Direkt zum Inhalt

Wilderei: Nashörner ohne Horn offenbar besser geschützt

Wilderer haben es oft auf Nashörner abgesehen, weil sich das Horn in Asien teuer verkaufen lässt. Doch laut einer Studie könnte es die Wilderei erheblich verringern, wenn man die Tiere enthornt.
Ein Nashorn ohne Horn und sein Junges laufen auf einer unbefestigten Straße in einer grünen, grasbewachsenen Landschaft. Die Tiere bewegen sich von der Kamera weg, während sie die Straße überqueren. Die Umgebung ist ruhig und natürlich, mit Büschen und Gras an den Straßenseiten.
Ein weibliches Breitmaulnashorn mit seinem Jungem. Beim Muttertier wurde das Horn entfernt. Das könnte Wilderer fernhalten.

Das Entfernen des Horns kann einer statistischen Analyse zufolge zu einem drastischen Rückgang der Wilderei bei Nashörnern führen: So habe die Prozedur im Greater Kruger National Park in der Folge die Wilderei zwischen 2017 und 2023 um zirka 78 Prozent verringert. Zugleich handle es sich bei der Enthornung um eine vergleichsweise günstige Maßnahme, erläutert ein Forschungsteam um Timothy Kuiper von der südafrikanischen Nelson Mandela University in George im Fachjournal »Science«. Zu den Nachteilen zählt allerdings, dass das Horn nachwächst und dann wieder attraktiv für Wilderer wird. Zudem wichen illegale Jäger womöglich in Gebiete aus, in denen die Hörner nicht vorsorglich abgesägt werden.

Weil Wilderer auf ihre Hörner aus sind, gelten die fünf Nashornarten in Afrika und Asien als stark bedroht. Um die Tiere zu schützen, werden sie bisweilen enthornt. Dazu sedieren Fachleute die Rhinozerosse und entfernen anschließend das Horn mit einer Kettensäge. Die Prozedur muss regelmäßig wiederholt werden, da die Hörner nachwachsen: Sie bestehen wie Haare und Fingernägel aus Keratin und wachsen mehrere Zentimeter jährlich.

Die Wissenschaftler um Kuiper haben nun Daten aus elf Reservaten in der Region des berühmten Kruger-Nationalparks analysiert, die zwischen 2017 und 2023 gesammelt wurden. In dem Gebiet leben viele der geschätzt rund 24 000 afrikanischen Nashörner. Verglichen wurden Standorte, an denen die Tiere enthornt werden, mit solchen, die dieses Vorgehen nicht wählen.

Wilderer töteten merklich weniger Tiere

Insgesamt wurden in der genannte Zeitspanne 1985 Spitzmaulnashörner (Diceros bicornis) und Breitmaulnashörner (Ceratotherium simum) getötet, also jährlich ungefähr 6,5 Prozent der Nashornpopulation im berücksichtigten Gebiet, wie es in der Studie heißt. Doch das Absägen der Hörner reduzierte im Durchschnitt bei allen in einem Reservat vorkommenden Nashörnern die Wilderei um etwa 78 Prozent gegenüber dem Niveau vor der Maßnahme. »Anhand von Daten aus allen Reservaten und Jahren schätzten wir das Risiko, dass ein einzelnes Nashorn mit Horn in einem bestimmten Jahr gewildert wird, auf 13 Prozent, verglichen mit einem Risiko von 0,6 Prozent für ein enthorntes Nashorn«, schreiben die Fachleute in »Science«.

Insgesamt hätten die elf Reservate in den Jahren von 2017 bis 2021 umgerechnet 74 Millionen US-Dollar (zirka 65 Millionen Euro) zur Bekämpfung der Wilderei ausgegeben – vor allem für Wildhüter, Spürhunde, Hubschrauber, Zugangskontrollen und Kameras. Hingegen sei für das Entfernen der Hörner bei 2284 Tieren nur 1,2 Prozent des Gesamtbudgets aufgewendet worden.

Enthornung | In einem Reservat des Kruger-Nationalparks entfernen Experten das Horn eines betäubten Nashorns.

Neuere Erkenntnisse nach Abschluss der Studie wiesen allerdings darauf hin, dass die Wilderei wegen der – medizinisch notwendigen – verbleibenden Hornstümpfe und des nachwachsenden Horns weiterhin anhalte, so die Forschenden. Zudem könne sich der Fokus der Wilderer auf gehörnte Populationen anderswo verlagern. Auch seien die Auswirkungen der Hornentfernung auf die Biologie der Nashörner noch nicht ausreichend geklärt. Die Tiere könnten ein verändertes Revierverhalten zeigen, mit langfristigen Auswirkungen auf ihre Fortpflanzung. Zudem sei zu befürchten, dass die Lager für die abgesägten Hörner Kriminelle anziehen.

In der untersuchten Zeit seien allerdings mehr als 700 Wilderer verhaftet worden. Laut den Fachleuten weise die Statistik nicht darauf hin, dass es die Verhaftungen waren, die zu einem merklichen Rückgang der Wilderei geführt haben. Zudem werden die Jäger erst nach der Tat überführt, wenn sie die Tiere bereits erlegt haben.

Die Nashörner Afrikas sind durch illegale Wilderei stark gefährdet. Allein in Südafrika wurden im vergangenen Jahr Regierungsangaben zufolge 420 Breitmaul- und Spitzmaulnashörner illegal getötet. Obwohl der internationale Handel mit Nashorn-Hörnern verboten ist, findet der Schmuggel nach Asien, vor allem nach Vietnam und China, weiter statt. In Südostasien wird das Horn aus kulturellen und vermeintlich medizinischen Gründen nachgefragt, der Wert kann zehntausende US-Dollar pro Kilogramm betragen. (dpa/kas)

  • Quellen
Kuiper, T. et al.: Science 10.1126/science.ado7490, 2025

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.