Naturkatastrophe: Großabbruch an Schweizer Gletscher, Dorf verschüttet

Seit Mitte Mai mussten die Bewohner des Schweizer Dorfes Blatten mit dem Schlimmsten rechnen: Am 19. Mai 2025 wurde ihr Dorf evakuiert, weil bis zu fünf Millionen Kubikmeter Stein am Kleinen Nesthorn instabil geworden waren. Die Felsmassen, die auf den nahen Birchgletscher stürzten, drohten den Gletscher zu destabilisieren und eine gewaltige Gesteins- und Schlammflut auszulösen. Neun Tage später ist genau das passiert. Wie Das Schweizer Radio und Fernsehen SRF meldet, brach die Eiszunge unter den auflagernden Schuttmassen zusammen – mit den befürchteten Folgen. Laut Augenzeugen seien große Teile des Dorfes getroffen worden; Bilder zeigen sich auftürmende Massen aus Geröll, Schlamm, mitgerissenen Bäumen und Eis. Auf der Seite des SRF gibt es auch ein Video, dass den Absturz beziehungsweise die Schlammflut dokumentiert.
Der Berg stand schon länger unter Beobachtung, weil sich an den Flanken des Kleinen Nesthorns, eines Nebengipfels des 3706 Meter hohen Nesthorns, Risse aufgetan hatten. In den letzten Wochen hatten sie sich dann zu teils meterbreiten Spalten geweitet, was letztlich die Evakuierung ausgelöst hat. Immer wieder stürzten kleinere und größere Felsmassen vom Berg auf den Gletscher, was bereits einen kleineren Schlammstrom ausgelöst hatte, der 500 Meter vor dem Dorf zum Stillstand kam. Die Hoffnung der Schweizer Geologen, dass der Berg nach und nach bröckelt und so das große Katastrophenszenario vermieden würde, erfüllte sich nun jedoch nicht.
Größere Mengen an Gestein hatten sich bereits am 27. Mai gelöst; nur einen Tag später folgte der gewaltige Rest. Erste Eindrücke durch den Regionalen Führungsstab, der das Ereignis überwachte, bestätigen zahlreiche zerstörte Häuser im Dorf. Wie groß der Abbruch tatsächlich war, lässt sich noch nicht beziffern. Laut Führungsstab war er größer als alle anderen bislang. Kritisch ist zudem, dass die Geröllmassen den Fluss Lonza aufstauen. Bis Donnerstag (29. Mai) wurden dadurch verschont gebliebene Häuser überschwemmt. Ein unkontrollierter Durchbruch würde weitere Verwüstungen flussabwärts hinterlassen. Einzelne Häuser wurden unterhalb des Murgangs evakuiert, falls es zu einer Flutwelle kommen sollte. Insgesamt wurde der Fluss auf zwei Kilometer Länge verschüttet.
Bergstürze kommen in den Alpen regelmäßig vor, hatten in den letzten Jahren aber selten Dimensionen wie jetzt am Kleinen Nesthorn. Ob Ereignisse wie dieses durch den Klimawandel und den dadurch ausgelösten Eisschwund im Hochgebirge zunehmen, kann noch nicht mit Bestimmtheit gesagt werden. Sie kommen auf geologischen Skalen zu selten vor, um Trends zu erkennen. Eine ähnliche Katastrophe wie in Blatten ereignete sich 2017 am Piz Cengalo, wo rund drei Millionen Kubikmeter Gestein abbrachen und einen Schlammstrom auslösten, der das Dorf Bondo erreichte und mehrere Häuser zerstörte. Damals kamen acht Menschen ums Leben, die im Gebiet gewandert sind. Im Bereich Blatten wird derzeit eine Person vermisst.
Anm. d. Red.: Der Artikel wurde mit neuen Erkenntnissen am 29.5.2025 aktualisiert.
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