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Mausstudie: Neu gebildete Neurone werden im REM-Schlaf aktiv

Im Hippocampus reifen beständig Nervenzellen nach. Jetzt zeigt eine Studie: Ihren großen Auftritt haben sie nachts. Dann helfen sie dem Gehirn bei der Gedächtnisbildung.
Modell eines menschlichen Gehirns - der Hippocampus ist die bogenförmige Struktur in der Mitte

Der Mensch kann zwar ein Leben lang lernen, aber neue Hirnzellen bilden kann er nicht. Nur in zwei Regionen ist das anders: dem Riechsystem und dem Hippocampus. Hier reifen bis ins hohe Alter Neurone aus. Warum sie das tun, ist nach wie vor offen – und jetzt Gegenstand einer aktuellen Studie. Die Wissenschaftler um Masanori Sakaguchi von der Universität Tsukuba in Japan nahmen dafür die zweite der beiden Regionen ins Visier, den Hippocampus.

Diese Region gilt als zentrale Schaltstelle bei der Bildung des episodischen Gedächtnisses. Durch Experimente an Mäusen konnten die Wissenschaftler um Sakaguchi nun zeigen, dass die neu entstandenen Zellen hier während des REM-Schlafs aktiv werden und dann entscheidend an den Lernvorgängen im Hippocampus mitwirken.

Im Fachmagazin »Neuron« schildern sie, wie sie zu ihren Ergebnissen kommen. Entscheidend war es dabei, einzelne Zellen im Gehirn lebender Tiere über Stunden hinweg zu verfolgen. Sie öffneten dazu den Schädel der Mäuse und setzten ihnen ein Miniaturmikroskop auf.

Dann konditionierten sie die Mäuse darauf, eine bestimmte Umgebung mit einem leichten Stromstoß an ihren Pfoten zu verbinden. Während dieses Lernvorgangs beobachteten Sakaguchi und Kollegen, wie jedes Mal eine Anzahl neu gebildeter Zellen aktiv wurde. Als die Tiere anschließend verschiedene Schlafphasen durchliefen, wurden dieselben Zellen erneut aktiv, zeigte der Blick durchs Mikroskop.

Dass diese Aktivität für den Lerneffekt ausschlaggebend ist, demonstrierten die Forscher mit Hilfe von Optogenetik. Bei diesem Verfahren werden Nervenzellen genetisch so verändert, dass man sie mit Laserlicht manipulieren kann. Schalteten sie die neu gebildeten Zellen in der REM-Phase stumm, konnten sich die Mäuse später nicht mehr gut an das Ereignis mit dem Schmerzreiz erinnern. Das gleiche Resultat bekamen die Forscher, wenn sie die Zellen übererregten. Das lege nahe, dass der ungestörte Lernvorgang aus einem exakt ausbalancierten Zusammenspiel von Nervenzellen besteht, so die Forscher.

Fachleute sind sich darin einig, dass die Abläufe im Mäusehirn und in dem des Menschen einander stark ähneln. Es gibt darum Grund zur Annahme, dass auch bei uns der Lernvorgang im REM-Schlaf mit der so genannten adulten Neurogenese zusammenhängt, wie das Nachwachsen der Nervenzellen im Fachjargon genannt wird. Das Konditionieren mit Fußschocks sei allerdings »eher mit dem Bereich des Posttraumatischen Belastungssyndroms (PTBS) beim Menschen vergleichbar« als mit alltäglichen Lernvorgängen beim Menschen, gibt Lisa Genzel von der Radboud-Universität in Nimwegen gegenüber dem »Science Media Center« zu bedenken.

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