Neue Arten: Das Geheimnis der bellenden Geckos ist gelüftet

In einer kühlen, sternenklaren Nacht vor sechs Jahren schlich ein junger Wissenschaftler barfuß über die Dünen in der Namib-Wüste im südlichen Afrika. Mit der Hose über einem Arm und einer Taschenlampe, die den Sand absucht, war der Forscher, François Becker, auf der Jagd — nicht nach Spitzmaulnashörnern, Elefanten, Straußen oder Hyänen, die dort zu Hause sind, sondern nach einer schwer fassbaren Kreatur namens »Bellender Gecko«. Diese extrem scheuen Echsen sind nur etwa so groß wie ein Finger, aber sie besitzen kräftige Stimmbänder, mit denen sie ihre nächtlichen Liebeslieder singen. Diese Gesänge führten Becker schließlich zu einer verblüffenden Entdeckung.
Die Männchen stoßen diese Rufe, die wie das hämische Lachen eines Comic-Bösewichts klingen, vom Eingang ihrer Höhlen aus aus, um Partner anzulocken (und manchmal auch um Touristen zu erschrecken, die sich wundern, dass so kleine Kreaturen so viel Lärm machen können). Aber da die Rufe der Tiere in Tonhöhe und Frequenz leicht variieren, waren sie auch für Becker interessant, der am Gobabeb Namib Research Institute forschte. Er wollte herausfinden, warum die Paarungsrufe in zwei nahe gelegenen Gebieten, von denen man annahm, dass sie eine einzige Art, Ptenopus garrulus, beherbergen, so unterschiedlich klangen.
Becker hatte zuvor mit Fröschen gearbeitet und wusste, dass verschiedene Arten einzigartige Paarungsrufe haben, um eine Kreuzung zu verhindern. »Als ich also diese Rufunterschiede hörte, dachte ich sofort: ›Okay, hier passiert etwas merkwürdiges‹«, sagt er.
In dieser Nacht in den Dünen und in anderen ähnlichen Nächten schlich sich Becker an die Geckos — Echsen der Unterordnung Gekkota, zu der die einzigen Echsen mit echten Stimmbändern gehören — heran, teilweise unbekleidet, um sie nicht durch das Rascheln seiner Hose zu verscheuchen. Er sammelte Exemplare aus dem Namib-Sandmeer im westlichen Zentral-Namibia, wo er eine Art von Rufen hörte, und aus den nahe gelegenen Kiesebenen auf der gegenüberliegenden Seite des Kuiseb-Flusses, wo er eine andere Art Rufe hörte.
Er schickte DNA-Proben der Geckos zur genetischen Sequenzierung ein. Da sie nicht übereinstimmten, stellte er fest, dass sie zu verschiedenen Arten gehörten (Ptenopus maculatus und Ptenopus circumsyrticus). Er verbrachte mehrere Jahre damit, noch mehr Geckos aus anderen Gebieten mit unterschiedlichem Terrain in der Namib- und Kalahari-Wüste zu sammeln, wobei er von der Hypothese ausging, dass die verschiedenen Arten unterschiedliche Böden für ihre Höhlen bevorzugen könnten.
In diesem Monat veröffentlichte Becker, der jetzt Chefkurator für Naturwissenschaften am Nationalmuseum von Namibia ist, in der Fachzeitschrift »Vertebrate Zoology« eine Arbeit, aus der hervorging, dass es sich bei den drei Arten von bellenden Geckos, die im südlichen Afrika vorkommen, in Wirklichkeit um neun Arten handelt.
»Einige dieser Arten, die früher als eine Art zusammengefasst wurden, sind in Wirklichkeit durch 25 Millionen Jahre Evolution getrennt«François Becker
Aber es ist kein Wunder, dass sich diese Echsen so lange unter demselben Artnamen versteckt haben. Bellende Geckos verlassen ihre Höhlen so selten, dass selbst Landwirte, die die Tiere seit Jahrzehnten auf ihrem Land gehört haben, wahrscheinlich noch nie einen gesehen haben. Die Geckos sehen sich so ähnlich, dass die flüchtigen Blicke, die Wissenschaftler normalerweise von ihnen erhaschen, nicht ausreichen, um sie zu unterscheiden. Einige von ihnen sehen fast identisch aus, wie zinnoberrot gesprenkelte Zwillinge.
Aus diesem Grund sind Zoologen dazu übergegangen, Arten nicht mehr hauptsächlich anhand physischer Merkmale zu bestimmen, sondern die so genannte integrative Taxonomie anzuwenden, bei der mehrere Beweise herangezogen werden, um über die Klassifizierung neuer Arten zu entscheiden, sagt Aaron Bauer, ein Gecko-Experte an der Villanova University, der nicht an der Forschung beteiligt war, aber ein Gutachter für die Arbeit und ein Prüfer in Beckers Promotionsausschuss war. »Diese Arbeit ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass Morphologie, Farbe, Rufe und DNA-Sequenzdaten zur Entscheidungsfindung der Forschenden herangezogen wurden«, so Bauer.
Jetzt, da die Geckos richtig klassifiziert sind, können die Wissenschaftler ihre Verbreitungsmuster, Lebensraumpräferenzen und physischen Merkmale genauer beurteilen. »Alles, was wir in der Biologie tun, setzt voraus, dass wir wissen, um welche Art es sich handelt«, erklärt Bauer. »Wir würden zu falschen Schlussfolgerungen kommen, wenn wir zwei oder mehr Arten unter einem Namen zusammenfassen würden.«
Becker und anderen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen liegt viel daran, dass es den bellenden Geckos weiterhin gut geht. »Sie sind seltsam und sehr niedlich, einfach eine bezaubernde und sehr interessante kleine Gruppe«, sagt er. »Ich denke, sie verdienen ein bisschen mehr Aufmerksamkeit.«
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