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Gentechnik: Neue Bt-Pflanzen anfälliger für Resistenzen als befürchtet

Einige Annahmen über neue gentechnisch veränderte Feldfrüchte erweisen sich als zu optimistisch. Neue Strategien gegen resistente Schädlinge sind gefragt.

Den gleichen Fehler zweimal zu machen, spricht zumindest für bewundernswerte Konsequenz. Schon die erste Generation der so genannten Bt-Pflanzen – genetisch veränderter Feldfrüchte, die ein Pestizid gegen Schadinsekten selbst erzeugen – hatte schneller als erwartet mit Resistenzen bei einigen Zielorganismen zu kämpfen. Jetzt zeigt eine neue Analyse von Forschern um Yves Carrière von der Universität Arizona, dass auch bei der Nachfolgegeneration genetisch veränderter Pflanzen die Schutzwirkung der Toxine überschätzt und die Anpassungsfähigkeit der Schädlinge vernachlässigt wird.

Bt-Pflanzen haben im Erbgut ein künstlich eingefügtes Gen für ein Protein, das ursprünglich aus dem Bakterium Bacillus thuringiensis stammt und das Insekten tötet. Von diesem so genannten Bt-Toxin gibt es viele unterschiedliche Varianten, die hochspezifisch gegen einen oder eine kleine Gruppe von Schädlingen wirken, andere Insekten jedoch in Ruhe lassen. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass diese eingebauten Pestizide, richtig eingesetzt, Erträge und Einnahmen steigen und den Verbrauch von anderen Pestiziden verringern. Dazu müssen allerdings einige Bedingungen erfüllt sein, vor allem dürfen die Schädlinge nicht gegen das Bt-Toxin in der Pflanze resistent werden.

Resistenzen managen

Dass Resistenzen entstehen, ist ein natürlicher Prozess und lässt sich prinzipiell nicht verhindern. Man kann jedoch durch verschiedene Strategien vermeiden, dass die Resistenzgene sich in der Schädlingspopulation ausbreiten. Ohne dieses so genannte Resistenzmanagement passen sich die Schädlinge an, und die Pflanzen werden wirkungslos – so geschehen im Fall des Maiswurzelbohrers.

Um Resistenzen bei Maiswurzelbohrer & Co in Schach zu halten, haben sich Agrarforscher mehrere Strategien ausgedacht. So versucht man zum Beispiel, Resistenzen durch einen so genannten Refuge-Anteil zu verhindern: Etwa 10 Prozent des Feldes bepflanzt man mit nichtveränderten Pflanzen. Dort vermehren sich nichtresistente Schädlinge – ihre Überzahl soll verhindern, dass die spontan auftretenden resistenten Schädlinge sich untereinander paaren und so eine resistente Population bilden.

Eine Garantie ist das nicht – die Schädlinge verhalten sich anders als gedacht, und nicht überall ist das Resistenzmanagement so gut, wie es sein sollte. Die nächste Generation der Bt-Pflanzen enthält deswegen, statt wie die älteren Sorten eine, gleich mehrere Versionen des Toxins. Man bezeichnet sie in der Branche als Pyramiden und hofft, dass sie widerstandsfähiger gegenüber Resistenzen sind als die älteren Sorten mit nur einem Bt-Toxin – und damit auch das Resistenzmanagement einfacher machen.

Die harte Wirklichkeit

Die neue Studie relativiert diese Aussicht nur. Sie zeigt, dass die Annahmen über die Wirksamkeit der neuen Sorten zu optimistisch sind – und entsprechend aufwändiger wird dann auch das Resistenzmanagement. Die Grundidee hinter den Pyramiden ist, dass zwei Toxine sich ergänzen: Stirbt der Schädling nicht an einem, dann ganz sicher am anderen. Weniger als 0,25 Prozent aller Tiere, so die Modelle, sollen den Kontakt mit so einer Pyramidensorte überleben. Doch die harte Wirklichkeit sieht anders aus: "Die Überlebensraten bei aktuellen Pyramidensorten sind sowohl für nichtresistente Schädlinge deutlich höher als auch für Schädlinge, die gegen eines der beiden Toxine resistent sind", schreiben die Forscher. Das heißt: Der Synergieeffekt fällt zumindest zum Teil aus.

Im Gegenteil, sie diagnostizieren zusätzlich Kreuzresistenzen – Resistenz gegen ein Protein macht auch gegen das andere weniger empfindlich – und sogar, dass sich die Toxine einer Pyramide gegenseitig in der Wirkung behindern. Das Problem, sagen sie, sei die Ähnlichkeit zweier Domänen der verschiedenen Bt-Toxine – die Managementstrategien müssten dieser Realität Rechnung tragen. Zusätzlich dürften demnach die verschiedenen Toxine in zukünftigen neu entwickelten Pyramidensorten strukturell möglichst wenig miteinander verwandt sein.

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