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News: Neue Ergebnisse der Elbeforschung

Nach der Wiedervereinigung haben sich deutsche und tschechische Wissenschaftler, Politiker, Industrie und Behörden in grenzüberschreitender Zusammenarbeit erfolgreich für die Reduzierung der Schadstoffeinleitungen in die Elbe eingesetzt. Als Grundlage für gezielte Sanierungsmaßnahmen und eine wirtschaftliche Überwachung hat allein das BMBF (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie) in dieser Zeit mehr als 42 Millionen DM in wissenschaftliche Projekte investiert.
Durch die Schließung zahlreicher Betriebe in Ostdeutschland wurden Einleitungen von chemischen Substanzen, insbesondere auch von Schwermetallen, in die Elbe und deren Nebenflüsse erheblich reduziert. Verbunden mit gezielten Sanierungsmaßnahmen in den vergangenen Jahren von deutschen und tschechischen Industriebetrieben sowie dem konsequenten Ausbau von Kläranlagen sank die Schadstoffbelastung der Elbe drastisch. Trotzdem gilt: In der international gültigen Bewertungsskala für die Wassergütequalität liegt die Elbe weit unten.

Mit einem Mittelaufwand von 2,6 Millionen DM sind unter Federführung des GKSS-Forschungszentrums sowie der Beteiligung weiterer deutscher und tschechischer Forschungseinrichtungen und Behörden seit 1993 Untersuchungen zur Erfassung und Beurteilung der Elbe mit Schadstoffen durchgeführt worden. Ziel dieses Projektes war es, Grundlagen für die Fortschreibung eines internationalen Meß- und Untersuchungsprogramms für eine zielgerichtete und wirtschaftliche Flußüberwachung zu erarbeiten und durch die Ergebnisse Impulse für effektive Sanierungsmaßnahmen zu geben. Seitens der Forschung habe man, so der Projektleiter im GKSS Institut für Physikalische und Chemische Analytik, Dr. Andreas Prange, schon bei der Projektplanung die zuständigen Behörden in Deutschland und Tschechien eingebunden, um sicherzustellen, daß die wissenschaftlichen Ergebnisse auch zur wirtschaftlich verwertbaren Umsetzung führen.

Erstmals wurden vom Hubschrauber aus sogenannte Längsprofilmessungen entlang des gesamten Flußlaufes von der Quelle auf tschechischem Gebiet bis zur Flußmündung bei Cuxhaven durchgeführt, die sich bereits seit 1978 im Tidebereich durch die ARGE Elbe bewährt haben. Die sehr aufwendige Auswertung der einzelnen Meßflüge, es wurden mehr als 60 Elemente an über 100 Meßpunkten erfaßt, ergab eine sehr genaue Zustandsbeschreibung der Belastung der Elbe mit den unterschiedlichen Stoffen.

Damit wird eine neue Qualität der Elbeüberwachung erreicht, da erstmalig ein zusammenhängender, ortsaufgelöster Überblick über die momentane Gesamtsituation der untersuchten Stoffe in der Elbe ermöglicht wird. Die Längsprofilmessungen sind als sinnvolle Ergänzung der Erkenntnisse aus Dauermeßstationen anzusehen, die zeitlich hochaufgelöste Informationen liefern, wie Prof. Dr. Heinrich Reincke, Leiter der Wassergütestelle Elbe der Arbeitsgemeinschaft zur Reinhaltung der Elbe (ARGE Elbe), bestätigte.

Ferner wurden aufgrund der Meßergebnisse punktuelle Einleiter von Schadstoffen in die Elbe oder ihre Nebenflüsse ermittelt und inzwischen Verhandlungen mit diesen Betrieben aufgenommen. Unter finanzieller Beteiligung der Umweltbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg sowie des BMBF wurde als Modellfall ein tschechischer Chemiebetrieb bereits auf umweltschonende Produktionsverfahren umgerüstet.

Zu ganz neuen Erkenntnissen kamen die GKSS-Wissenschaftler hinsichtlich der Bewertung der Wassergüte der Elbe in Bezug auf die Schwermetallbelastung. Ein Gewässer gilt als sauber im ursprünglichen Sinne, wenn es frei von zivilisatorisch verursachten Verunreinigungen ist. Elemente können aber auch auf natürlichem Wege durch Auswaschung in die Gewässer gelangen. Die Konzentrationen von Elementen, die sich ohne zusätzliche menschliche Einflüsse eingestellt haben und damit den natürlichen Zustand des Gewässers charakterisieren, werden als geogene Hintergrundwerte bezeichnet. Der sogenannte Internationale Tongestein-Standard berücksichtigt diese Verhältnisse und gilt derzeit für alle Flüsse. Jede weitere, zivilisatorisch verursachte Schadstoffeinleitung beeinträchtigt die Wasserqualität. Der Internationale Tongestein-Standard ist gewissermaßen der Nullpunkt einer Meßlatte für die Gewässergüte, die von 1 für sehr gut bis 7 für sehr schlecht reicht.

Zur Ermittlung der Elbe-typischen geogenen Hintergrundwerte konzentrierten sich die GKSS-Wissenschaftler auf drei Gebiete des Elbstromtals: die Einflußbereiche des Riesengebirges, der Moldau und des Erzgebirges. Die Forscher entnahmen Sedimentproben aus Kernbohrungen aus den Elbauen dieser Gebiete. Dort werden seit Jahrhunderten bei Überschwemmungen Sedimente abgelagert. Aus den ältesten Schichten dieser Kerne, sie waren über tausend Jahre alt, konnten die geogenen Hintergrundwerte bestimmt werden und erbrachten überraschende Ergebnisse.

In den Elbauen des Riesengebirges wurden um 30 Prozent höhere Konzentrationen für Bor, Schwefel, Cadmium, Zinn und Blei gefunden als in anderen Elbregionen. Im Einzugsbereich der Moldau waren die Hintergrundwerte für Calcium und Mangan um mehr als 30 Prozent erhöht und im Einflußbereich der Mulde der Wert für Uran. Insgesamt waren die geogenen Hintergrundwerte für Arsen, Chrom und Nickel bereits so hoch, daß die Elbe auch ohne industrielle Einleitungen nur noch die Wassergüteklasse 2 erreichen kann.

Man müsse aus diesen neuen Erkenntnissen Konsequenzen ziehen, so Prof. Heinrich Reincke. Wegen der erhöhten natürlichen Stoffbelastung müsse die Gütebewertung der Elbe nach den neu ermittelten, für den Fluß charakteristischen geogenen Hintergrundwerten neu überdacht werden.

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