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Medizin: Genvariante sorgt für geringen Schlafbedarf

Mutationen im Gen SIK3 vermindern die pro Tag benötigte Schlafdauer, wie Experimente zeigen. Insgesamt sind bereits mehrere Erbanlagen bekannt, die mit natürlichem Kurzschlaf zusammenhängen.
Eine Person liegt schlafend auf der Seite in einem Bett mit hellblauer Bettwäsche. Der Kopf ruht auf einem Kissen, und die Person trägt ein gestreiftes Oberteil. Im Hintergrund ist ein Teil des Bettrahmens und ein weiteres Kissen zu sehen.
Nicht alle Menschen benötigen gleich viel Schlaf. Manche kommen mit vier bis sechs Stunden täglich aus, ohne Nachteile davon zu haben. Ob man zu diesen natürlichen Kurzschläfern gehört, hängt wenigstens zum Teil von den Genen ab.

Eine Mutation im Gen SIK3 führt zu verkürztem nächtlichen Schlaf, berichten Fachleute um Hongmin Chen von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Das Gen trägt die Bauanleitung für ein Protein namens »Salt-Inducible Kinase 3«. Dieses Protein wirkt an der Regulation zellulärer Signalwege mit und ist in vielen Körpergeweben aktiv, besonders aber im Gehirn.

Schon länger ist bekannt, dass nicht alle Menschen gleich viel Schlaf benötigen. Einige kommen mit sehr wenig aus; ihnen genügen vier bis sechs Stunden Nachtruhe, um sich völlig zu erholen. Diese Eigenschaft scheint zumindest zum Teil erblich zu sein. Forscherinnen und Forscher haben bereits mehrere Gene gefunden, die mit »familiärem natürlichem Kurzschlaf« (einem lebenslang relativ gering ausgeprägten Bedürfnis nach nächtlicher Ruhezeit) zusammenhängen. Dazu gehören die Erbanlagen DEC2, ADRB1, NPSR1 und GRM1. Sie wirken daran mit, den Schlaf-wach-Zyklus zu regulieren.

Das Forschungsteam um Hongmin Chen hat Erbgutuntersuchungen an Personen mit familiärem natürlichem Kurzschlaf durchgeführt. Dabei fiel eine Mutation im Gen SIK3 auf. Dessen Produkt ist eine Kinase, also ein Enzym, das Phosphatgruppen auf andere Proteine überträgt und darüber regelt, wie aktiv diese sind. In Laborexperimenten und mit Hilfe von Computermodellen fand die Forschungsgruppe heraus, dass die entsprechende Mutation die SIK3-Kinase daran hindert, ihre Funktion auszuüben. Das wirkt sich offenbar auf die Schlafregulation aus.

Labormäuse, bei denen das Team diese Mutation künstlich erzeugte, schliefen durchschnittlich 30 Minuten pro Tag weniger als genetisch unveränderte Mäuse. Das lag aber nicht etwa an einer reduzierten Menge des Proteins im Organismus der Tiere, wie weitere Experimente zeigten, sondern ließ sich auf eine verminderte enzymatische Aktivität von SIK3 zurückführen. Anscheinend verändern sich dadurch die biochemischen Vorgänge an Synapsen, den Kontaktstellen der Nervenzellen beispielsweise im Gehirn. SIK3 scheint demnach eine wichtige Rolle für die Schlafdauer von Tieren einschließlich des Menschen zu spielen. Möglicherweise lässt sich das medizinisch nutzen, etwa um Schlafstörungen zu behandeln.

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