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Demenz: Neue Hinweise auf Übertragbarkeit von Alzheimer

Die Proteinablagerungen, die typisch für eine Alzheimerkrankheit sind, lassen sich durch medizinische Eingriffe übertragen – und richten im Hirn des Empfängers Schaden an.
Alzheimer Beta-Amyloid

Eine neue Studie an Mäusen erhärtet den Verdacht, dass Alzheimerproteine bei bestimmten medizinischen Eingriffen übertragen werden können – und bei den Betroffenen dann Jahrzehnte später unter Umständen fatale Hirnerkrankungen auslösen. Die Untersuchung fußt auf einer Studie, die ein Team um den Neurologen John Collinge vom University College London 2015 im Fachmagazin »Nature« publizierte. Die Forscher hatten damals das Hirngewebe von acht Menschen unter die Lupe genommen, die im Alter von 36 bis 51 Jahren an der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) gestorben waren. Alle Teilnehmer hatten zu therapeutischen Zwecken in ihrer Kindheit Wachstumshormone aus der Hirnanhangsdrüse von Verstorbenen erhalten. Inzwischen ist bekannt, dass die Präparate neben den Wachstumshormonen mit bestimmten Prionen verunreinigt waren – mit fehlgefalteten Proteinen, die andere Proteine ebenfalls dazu anregen, sich falsch zu falten, und so CJK von einen Menschen auf einen anderen übertragen können.

Neben den Anzeichen der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit wiesen sechs der acht Patienten allerdings auch bemerkenswert starke Ansammlungen des Peptids Beta-Amyloid in ihrem Gehirn auf – eines der typischen Kennzeichen für eine Alzheimerdemenz. Collinge und sein Team vermuteten deshalb damals, dass Beta-Amyloid sich ähnlich wie ein Prion verhalten und im Lauf der Zeit ebenfalls eine schädliche Kettenreaktion im Kopf des Empfängers auslösen könnte.

Diese These basiert allerdings auf der Annahme, dass sich in den Wachstumshormonpräparaten, die die Probanden zwischen 1958 und 1985 erhalten hatten, neben Prionen auch Beta-Amyloid-Peptide befunden haben müssen – und genau das haben Collinge und sein Team im Rahmen einer weiteren »Nature«-Publikation nun getestet. Dafür lokalisierten die Wissenschaftler die Überreste der damals verwendeten Hormonpräparate, die in einzelnen britischen Laboren aufbewahrt worden waren.

In mehreren Chargen konnten sie tatsächlich Beta-Amyloid- und auch Tau-Proteine, die ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Alzheimer spielen, nachweisen. Um zu überprüfen, ob diese auch in einem fremden Hirn die typischen Alzheimerablagerungen entstehen lassen, injizierten die Forscher die Proben anschließend genveränderten Mäusen, die dasselbe Amyloidvorläuferprotein bilden wie Menschen. In mittleren Lebensalter zeigten daraufhin alle behandelten Nager starke Amyloidplaques, während unbehandelte Tiere und solche, die unkontaminierte Hormonpräparate erhielten, gesund blieben.

Die Ergebnisse kommen für viele Forscher nicht überraschend. Nach Collinges Veröffentlichung aus dem Jahr 2015 waren auch andere Teams auf verdächtige Amyloidablagerungen bei Patienten mit einer ähnlichen Krankheitsgeschichte gestoßen. Ob auch übertragene Tau-Proteine weitere Tau-Ablagerungen anstoßen, wollen die Forscher nun im nächsten Schritt untersuchen.

Davor, sich bei Familienangehörigen mit Demenz anzustecken, müsse aber nach wie vor niemand Angst haben, betonen die Wissenschaftler in ihrer Studie erneut. Problematisch seien allerdings unter Umständen medizinische Eingriffe, bei denen es zu Kontakt mit kontaminiertem Hirngewebe oder verunreinigten OP-Instrumenten kommt.

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