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Antibiotika: Neue Medikamente nach dem Lego-Prinzip

Chemiker bauen etwa 300 neue Antibiotika-Kandidaten aus kleinen Bausteinen zusammen. Der Ansatz erweist sich als variabler als die biotechnische Produktion.
Lego-Laborset Chemie. Explosionen nicht im Lieferumfang enthalten

Etwa 300 größtenteils neue Antibiotika hat eine Arbeitsgruppe um Andrew Myers von der Harvard University hergestellt. Bemerkenswert daran ist allerdings weniger die Vielfalt der neuen potenziellen Medikamente als vielmehr der Weg, auf dem das Team sie erzeugte. Statt wie bisher Bakterien die Ausgangsstruktur dieser so genannten Makrolide herstellen zu lassen – ein Verfahren, das man als Semisynthese bezeichnet –, fand Myers einen Weg, die Stoffe gezielt aus einfachen Bausteinen zusammenzusetzen. Dieses Lego-Prinzip ist aufwändiger, bietet aber viel mehr mögliche Strukturen als die chemischen Veränderungen an einem bereits sehr komplexen Ausgangsstoff. Mit dieser Strategie ist zwar nicht das Grundproblem gelöst, dass keine neuen Antibiotikaklassen hinzukommen, die wesentlich größere Vielfalt an Strukturen dürfte jedoch die Resistenzen einiger Erreger umgehen.

Der Urvater der Makrolid-Antibiotika, das Erythromycin, stammt bereits aus dem Jahr 1952. Schon damals musste man es chemisch verändern, damit es die Verdauung übersteht. Seither haben Chemiker die Ausgangsstruktur über Jahrzehnte immer neu verändert, um neue Wirkstoffe mit neuen Eigenschaften zu kreieren – und so langsam ist ihr Repertoire erschöpft. Myers' Arbeitsgruppe öffnet jetzt den Weg zu hunderten, wenn nicht tausenden bisher unerreichbaren Stoffen. Fünf Jahre dauerte die Arbeit an dem Syntheseweg, der die komplexen Antibiotika aus einfachen Stoffen wie Pyruvat oder der Aminosäure Glycin gewinnt. Die Strategie demonstriert neben einem neuen Ansatz für Antibiotika auch eine Trendwende bei der Herstellung komplexer Moleküle: Nachdem in den 1990er Jahren die Biotechnik half, die Einschränkungen der klassischen chemischen Synthese zu überwinden, geht der Trend nun von der recht unflexiblen Biotechnik zurück zur inzwischen enorm leistungsfähigen organischen Synthese.

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