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Elektronik: Neue Perspektiven für den Transistor

Im letzten Jahrhundert haben elektronische Schaltkreise kontinuierlich etwa alle anderthalb Jahre ihre Leistung verdoppelt und so aus bescheidenen Anfängen Maschinen hervorgebracht, die Proteinfaltungen oder das Wetter eines ganzen Planeten berechnen können. Doch seit 2005 gilt dieser Zusammenhang, als mooresches Gesetz bekannt, nicht mehr. Die verwendeten Transistoren, Grundelement aller Elektronik, stoßen an eine grundsätzliche physikalische Grenze: Sinkt ihre Größe weiter, verschlechtern sich ihre Leistungsdaten.

Transistoren folgen einer einfachen Skalierungsregel: Je kleiner sie sind, umso geringer die Schaltspannung, desto kürzer die Schaltzeiten und desto schneller der Rechner. Doch das gilt nur, so lange die Schaltspannungen parallel zur Transistorgröße sinken. Inzwischen aber begrenzen grundlegende physikalische Effekte die Spannungen nach unten: Senkt man die Spannungsdifferenz zwischen Ein- und Aus-Zustand weiter ab, fließt entweder auch im abgeschalteten Zustand ein Leckstrom, der die Transistoren inakzeptabel aufheizt, oder der Stromfluss im angeschalteten Zustand ist zu niedrig.

Das liegt am grundlegenden Funktionsprinzip des Feldeffekttransistors: Mit Hilfe der Steuerspannung überwinden Ladungsträger den Energiehügel zwischen den beiden Elektroden, und ein Strom fließt. Doch je kleiner die Energiebarriere wird, desto mehr Elektronen können sie dank ihrer thermischen Energie auch im Aus-Zustand überwinden.Neue Transistortypen umgehen dieses Problem, zum Beispiel die Interband-Tunnel-Feldeffekttransistoren. Hier senkt die Steuerspannung die Energie der freien Ladungsträger im Kanal zwischen den beiden Elektroden so stark ab, dass die gebundenen Ladungsträger in der Quell-Elektrode auf dem gleichen Energieniveau zu liegen kommen wie freie Ladungsträger im Transistor-Ausgang. Sie können deswegen direkt durch die verbleibende Energiebarriere hindurchtunneln und so einen Strom fließen lassen. Bei diesem Mechanismus gibt es keine thermisch angeregten Elektronen, die auch im Aus-Zustand die Barriere überwinden können, da alle Ladungsträger an Atome gebunden sind. Auf diese Weise, hoffen Forscher, lässt sich die nötige Steuerspannung weiter verringern.

Mit der gegenwärtigen Siliziumtechnik lässt sich dieses Prinzip allerdings nicht zufriedenstellend verwirklichen. Gefragt sind neue Ansätze, zum Beispiel Nanodrähte aus Galliumarsenid oder Halbleiter auf Basis von Kohlenstoff-Nanoröhren.

Es gibt aber auch für den klassischen Feldeffekttransistor auf Siliziumbasis noch Hoffnung, denn unter bestimmten Bedingungen kann ein sehr schwacher Spannungspuls eine starke Veränderung der Spannung im Halbleiter selbst auslösen. Dazu wird die Sperrschicht zwischen beiden Elektroden durch einen Stapel aus zwei Isolatorlagen ersetzt, zwischen denen sich eine Lage ferroelektrischen Materials befindet. Die Energiebarriere dieses Sandwiches hängt stark von der Polarisation der ferromagnetischen Schicht in der Mitte ab – und die lässt sich prinzipiell schon durch sehr geringe Spannungen umschalten.

Mit Schaltzeiten von etwa 80 Picosekunden sind derartige Systeme derzeit noch zu langsam, um mit modernen Schaltkreisen mitzuhalten. Nach Ansicht der beteiligten Forscher sind jedoch ferromagnetische Systeme möglich, die mit Schaltzeiten von weniger als einer Picosekunde die Miniaturisierung konventioneller Elektronik weiter vorantreiben. (lf)

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  • Quellen
Theis, T., Solomon, P.: It’s Time to Reinvent the Transistor! In: Science 327, S. 1600–1601, 2010.

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