Geomorphologie: Neue Theorie zur Frostsprengung
Die bislang gängige Lehrbuchmeinung zur Zerkleinerung von Gestein durch die expansive Kraft von Wasser beim Gefrieren muss womöglich revidiert werden. Nach Ansicht von Julian Murton von der Universität von Sussex in Brighton und seinen Kollegen funktioniert der geläufige Mechanismus zumindest in polnahen Breitengraden unter natürlichen Bedingungen nicht.
Bestätigt fühlen sich die Forscher durch einen Vergleich ihrer experimentell erzeugten Frostschäden mit jenen aus Permafrostgebieten, wo die Bildung von Eislinsen ein täglicher Vorgang ist. Tiefe und Geometrie der Brüche waren nahezu identisch. (dl)
Wenn Wasser zu Eis gefriert, vergrößert sich sein Volumen um neun Prozent – genug Ausdehnungsenergie, um etwa Poren zu weiten und aufzusprengen. Doch müsste das Gestein dazu nach Ansicht der Geowissenschaftler vollkommen wassergesättigt sein und von allen Seiten gleichzeitig vereisen, da sonst die Feuchtigkeit im Gestein aus- oder sogar völlig entweichen könnte. Ähnliches gilt für Spalten: Entweder die Flüssigkeit rauscht durch sie hindurch, oder das Eis wächst aus der Spalte heraus. Zudem setzt Frostsprengung zumindest in Laborversuchen in Sand- und ähnlichen Gesteinen erst deutlich unter Null Grad Celsius ein, was ebenfalls gegen das reine Gefrieren spricht.
In ihren Experimenten stellte Murtons Team dagegen fest, dass die Frostsprengung vielmehr auf der Bildung von so genannten Eislinsen basiert, wie sie auch für Permafrostböden typisch sind. Die bei Minusgraden entstehenden Eiskristalle ziehen – durch den kapillaren Nachschub begünstigt – Wasser aus der direkten Gesteinsumgebung oder von außerhalb an. Da die Wassermoleküle durch adhesive Kräfte untereinander sowie mit der Gesteins- und Eisoberfläche verbunden sind, rinnt solange Wasser nach, bis der erreichbare Vorrat erschöpft ist – ebenso lange hält das Dickenwachstum der Eislinse an. Sie erst bauen den Druck auf, der letztlich zusammen mit dem Wasserfluss in den Poren das Gestein zerrüttet.
Bestätigt fühlen sich die Forscher durch einen Vergleich ihrer experimentell erzeugten Frostschäden mit jenen aus Permafrostgebieten, wo die Bildung von Eislinsen ein täglicher Vorgang ist. Tiefe und Geometrie der Brüche waren nahezu identisch. (dl)
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