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Quantencomputer: Neuer Ansatz nutzt Störungen zum Rechnen

Nach bisherigen Vorstellungen ist eine Grundvoraussetzung für die Realisierung eines Quantencomputers, dass das System aus Qubits extrem gut von der Umgebung isoliert ist. Ignacio Cirac vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik und sein Team haben nun ein Konzept entwickelt, in dem Störungen geradezu die Voraussetzung bilden, um Quantenrechnungen durchzuführen oder gezielt Zustände zu erzeugen.

Ausgangspunkt ist ein System aus Qubits, das auf Grund der störenden Wechselwirkungen mit seiner Umwelt Informationen verliert. Infolge dieser so genannten Dissipation entwickelt es sich im Lauf der Zeit auf einen Fixpunkt, einen dauerhaften stationären Zustand, hin. Diese Tatsache lässt sich für Quantenrechnungen nutzen, berichten die Forscher, indem die Dissipationsdynamik je nach Wunsch maßgeschneidert würde. Auf diese Weise könnte der Fixpunkt zum Beispiel den Grundzustand des Systems darstellen oder das Rechenergebnis enthalten. Der Endzustand werde dabei unabhängig von den Anfangsbedingungen und somit auch unabhängig von eventuellen Störungen auf dem Weg dahin erreicht.

Obwohl weder reine Quantenzustände noch umkehrbare (unitäre) Prozesse erforderlich sind, erweisen sich dissipative Quantensysteme den konventionellen Quantenschaltkreisen als gleichwertig in Bezug auf die erzielbare Rechenleistung, schreiben Cirac und seinen Kollegen. Noch handelt es sich bei der Studie um einen allgemeinen Machbarkeitsnachweis. Allerdings lasse sich das Konzept mit Experimenten an atomaren Quantengasen oder Ionenfallen überprüfen, so die Forscher.

Ihr Ansatz könnte womöglich zu Quantencomputern führen, die entweder besonders stabil oder besonders einfach zu implementieren sind. Das wichtigste ist aber, dass das neue Konzept eine völlig neue Perspektive bietet, wie Quantencomputer in Zukunft in der Praxis funktionieren könnten, betont Cirac.

Der typische Quantencomputer basiert auf einem System aus Quantenteilchen, die der Speicherung und Kodierung von Informationen dienen. Dabei wird ausgenutzt, dass sich die Quantenbits im Unterschied zu klassischen Bits nicht nur in den Zuständen "1" oder "0" befinden können, sondern auch in allen möglichen Überlagerungen dieser Zustände.

Problematisch wird es, wenn das System an die Umgebung Informationen verliert. Die Dissipation zerstört Quanteneffekte wie Superposition und Verschränkung, die für die Speicherung, Verschlüsselung, Verarbeitung und Übertragung von Quanteninformation benötigt werden. Deshalb muss das Quantensystem von der Umgebung möglichst gut entkoppelt sein.

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