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News: Neuer Ansatzpunkt für Allergie-Behandlung

Wissenschaftler der Universität Würzburg haben zwei Proteine identifiziert, die offenbar einzig und allein bei allergischen Reaktionen eine Rolle spielen und deshalb ideale Angriffspunkte für Medikamente sind.
Praktisch jeder kennt in seinem engsten Bekanntenkreis Menschen, die an einer Allergie leiden. Alleine der Heuschnupfen, die häufigste Allergie in unseren Breiten, betrifft etwa 15 Prozent aller Einwohner in Deutschland. Bei der Aufklärung der Mechanismen dieser Krankheit sind in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht worden.

Dr. Albert Duschl, der am Biozentrum der Universität Würzburg Allergien erforscht, erklärt die Hintergründe seiner Arbeit: Die Allergie ist eine Fehlreaktion des Immunsystems, die gegen an sich unschädliche Substanzen gerichtet ist, wie Pflanzenpollen, Hausstaub oder Bestandteile normaler Nahrungsmittel. Es wird irrtümlich ein Abwehrsystem mobilisiert, das vermutlich der Bekämpfung von Parasiten dient. Da in Wahrheit aber kein Parasit im Körper vorhanden ist, erhält das Immunsystem auch nie eine Rückmeldung darüber, daß der Störfaktor jetzt beseitigt sei. Es ist also schwer, allergische Reaktionen zu beenden – dementsprechend oft verlaufen sie chronisch.

Verantwortlich für die Fehlreaktion ist die irrtümliche Überproduktion des immunregulierenden Proteins Interleukin-4 (IL-4). Die Arbeitsgruppe von Dr. Duschl untersucht, wie dieser Faktor auf verschiedene Zellen wirkt. Interleukin-4 wird von T-Lymphozyten produziert und bindet an einen Rezeptor, der auf der Oberfläche unterschiedlicher Zelltypen vorkommt. Dadurch werden im Inneren der Zelle Signalmoleküle aktiviert, welche die Eigenschaften der Zelle verändern. B-Lymphozyten beispielsweise beginnen unter dem Einfluß von Interleukin-4 mit der Erzeugung von Immunglobulin E (IgE), einem Antikörper, der die allergischen Reaktionen auslöst, bei Heuschnupfen also Tränenfluß, Juckreiz und Anschwellung der Atemwege.

Die Würzburger Wissenschaftler, deren Arbeit auch von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird, haben erhebliche Unterschiede bei der Signalvermittlung in den unterschiedlichen Zellen gefunden. Interleukin-4 besitzt demnach mindestens zwei Rezeptortypen. Auch die intrazellulären Signalwege und Mechanismen der Genaktivierung sind von Zelltyp zu Zelltyp verschieden. Das erklärt, warum Interleukin-4 bei unterschiedlichen Zellen sogar entgegengesetzte Wirkungen haben kann.

Viele der Proteine, die auf dem Signalweg vom Interleukin-4 bis zur Reaktion der Zelle eine Rolle spielen, sind auch Bestandteil anderer Signalwege. Eine spezifische Hemmung von Interleukin-4 in der Allergie erscheint also schwierig. Trotzdem gibt es für Allergiker einen Hoffnungsschimmer: Nach Angaben von Dr. Duschl scheinen zwei der Proteine ausschließlich für die von Interleukin-4 gesteuerte allergische Reaktion wichtig zu sein. Dabei handle es sich um die Rezeptorkomponente IL-4R und das Signalmolekül Stat6. Diese beiden Proteine stuft Dr. Duschl als interessante Zielpunkte für neue Medikamente ein.

Die Würzburger Wissenschaftler haben bereits gezeigt, daß Mäuse keine Allergie bekommen können, wenn ihnen das Protein IL-4R fehlt oder wenn es durch einen spezifischen Hemmstoff blockiert wird. Jetzt arbeiten sie daran, die Wechselwirkungen zwischen Interleukin-4 und den anderen Faktoren noch besser zu verstehen, um weitere Signalproteine identifizieren zu können, an denen vielleicht einmal Arzneistoffe ihre Wirkung entfalten können.

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