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News: Neuer Kochtopf für die gleiche Suppe

Der direkte Weg ist nicht immer der beste. Das gilt auch für industrielle Prozesse. Ein Schritt mehr - manchmal löst so ein kleiner Umweg gleich mehrere Probleme.
Topf
Lässt man seinen Blick aufmerksam durch die heimische Stube schweifen oder inspiziert Auto und Hobbykeller einmal genauer – wohin man auch schaut: Überall stoßen wir auf die vielfältigen Kreationen der chemischen Industrie. Angefangen bei den verschiedenen synthetischen Werkstoffen über Lösemittel, Silikone und Klebstoffe bis hin zu Kraftstoffzusätzen. Aber woraus eigentlich entstehen all diese Dinge? Die "Grundzutaten" wachsen wohl kaum auf Bäumen.

Einer der Ausgangsstoffe, quasi eine chemische Ursuppe, ist das Synthesegas, das sich aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff zusammensetzt. In diesem Gemisch findet eine ganze Reihe von Erzeugnissen ihren Ursprung. Aber auch das Synthesegas fällt nicht vom Himmel, sondern muss erst hergestellt werden – ein grundlegend wichtiger Prozess für die chemische Industrie. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass viel Mühe darauf verwendet wird, diesen Prozess so effektiv und kostengünstig wie möglich zu gestalten. Forscher von der University of Science and Technology of China in Hefei haben jetzt gezeigt, wie ein kleiner Umweg dieses Ziel näher rücken lässt.

Bisher wird häufig ein "steam reforming" (Dampfreformierung) genanntes Verfahren genutzt, welches Methan, den Hauptbestandteil des Erdgases, und Wasserdampf bei hohen Temperaturen in das Synthesegas umwandelt. Leider verbraucht diese Methode sehr viel Energie und ist dementsprechend teuer.

Eine günstigere Alternative heißt POM, was für "partial oxidation of methane" steht und unvollständige Verbrennung von Methan bedeutet. Doch auch hier gibt es wieder einen Haken. Der reine Sauerstoff, der für die Verbrennung benötigt wird, ist ebenfalls teuer und entfernt uns von der angepeilten Geld- und Energieersparnis. Besser wäre es folglich, man könnte direkt den Sauerstoff aus der Luft verwenden – billiger geht es wohl kaum. Probleme bereitet da aber der Stickstoff, der bekanntlich den größten Teil der Luft ausmacht. Schleicht sich dieser in den Prozess ein, so wandelt er sich in giftige Stickoxide um.

Zum Glück kann jedoch Abhilfe geschaffen werden. Membranen, die quasi als Türsteher fungieren, lassen den Sauerstoff in den Reaktor hinein, während sie dem Stickstoff den Zugang verwehren. Nur: Geeignete Membranen zu finden, welche die relativ hohen Temperaturen in dem Reaktor aushalten, ist nicht ganz einfach.

Chu-sheng Chen und seine Mitarbeiter haben dieses Problem einfach umgangen, indem sie sozusagen den Arbeitsplatz des Türstehers in kühlere Gefilde verlagert haben. Denn während bei dem herkömmlichen Verfahren Luftfilterung und katalytische Verbrennung an einem Ort stattfinden, hat das Forscherteam den Prozess jetzt dadurch entschärft, dass es einen Zwischenschritt einbaute.

Die Wissenschaftler entwarfen eine Anlage, bei der das Methan ein Rohr durchströmte, in welches die Filtermembran eingelassen war. An dieser Stelle trat der Sauerstoff ins Geschehen ein und verbrannte einen Teil des Methans zu Kohlendioxid und Wasser. Dieses Gemisch strömte mitsamt dem nicht verbrauchten Methan weiter durch das Rohr, bis es zu dem Katalysator gelangte, mit dessen Hilfe dann die bunte Mischung in Synthesegas umgewandelt wurde.

Ein Schritt mehr also, der sich aber lohnt. Nicht nur, dass die Membran keiner so extremen Hitze mehr ausgesetzt wird – auch der Katalysator profitiert, da er bei dem neuen Verfahren weniger durch Koks verunreinigt wird, einem unerwünschten Nebenprodukt bei der Synthese. Bis zur industriellen Anwendung muss das bisher erst wenige Zentimeter messende "Reaktor-Baby" allerdings noch wachsen. Dazu gibt es jedoch einiges zu tun: Die Forscher wollen sowohl die Membraneigenschaften, als auch den Herstellungsprozess des Reaktors weiter optimieren; und auch die Reaktion selbst in großem Maßstab durchzuführen, stellt für Chen und seine Mitarbeiter – noch – eine technische Herausforderung dar.

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