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Portugal: Neuer Schädelfund aus der Prä-Neandertaler-Ära

Über die Zeit vor dem "klassischen" Neandertaler ist nur wenig bekannt. Und die spärlichen Fossilien ergeben ein uneinheitliches Bild. Ein neuer Schädel zeigt: Das Chaos hat Methode.
3-D-Rekonstruktion des Schädels

Am letzten Tag der Grabungssaison des Jahres 2014 entdeckten Forscher in der portugiesischen Höhle Gruta da Aroeira die Schädelfragmente eines Frühmenschen. Über zwei Jahre lang dauerte es, den im Block geborgenen Fund freizulegen, zu scannen und zu analysieren. Jetzt macht das Team die ersten Ergebnisse öffentlich. Wie Juan Luis Arsuaga von der Universidad Complutense de Madrid und Kollegen berichten, stammt der Schädel aus einer Zeit vor ungefähr 400 000 Jahren. Neben der Schädeldecke haben sich noch der obere Teil des Gesichts und zwei abgenutzte Zähne erhalten.

Der Fund stammt aus einer Zeit, als Europa vom Frühmenschen bewohnt wurde, der noch nicht alle klassischen Neandertalermerkmale zeigt und von manchen Forschern als Homo heidelbergensis bezeichnet wird. Ein berühmter Fundort liegt ebenfalls auf der iberischen Halbinsel: Aus den etwa gleich alten Knochen der Sima de los Huesos im spanischen Atapuerca gelang es Wissenschaftlern sogar, die DNA zu extrahieren. Aber auch in Deutschland, etwa in Schöningen, fanden sich Hinterlassenschaften dieser Menschen.

Insgesamt ergibt die Analyse der wenigen und weit verstreuten Funde ein unklares Bild. In ihrer Anatomie unterscheiden sich die Menschen des Mittleren Pleistozäns, also des Zeitraums zwischen rund 800 000 und 130 000 Jahren vor heute, teilweise erheblich. Auch der Schädel aus der Gruta da Aroeira – der westlichste Fund bislang – bildet keine Ausnahme. Wie die Autoren der Studie schreiben, zeigt er eine Kombination von Merkmalen, die sich bei keinem anderen Individuum des Mittelpleistozäns findet. Auch nicht bei denen aus der iberischen Nachbarschaft. Das lässt nach Meinung des Teams um Arsuaga den Schluss zu, dass diese Zeit durch ein Neben- und Miteinander verschiedener Menschengruppen geprägt war. Vermutlich überdauerten isolierte Gruppen mit archaischeren Merkmalen in Gegenden, in denen sie von anatomisch moderneren Menschen umringt waren. Hinweise auf ein solches Szenario finden sich auch sehr deutlich in der Genetik unserer Ahnen und ihrer Verwandten.

Wie die Forscher schreiben, fällt ihr Fund außerdem in ein Zeitfenster, in dem sich zwei Innovationen bis an die Ränder Europas ausbreiteten: die Acheuléen-Kultur, für die insbesondere die großen, zweiseitig bearbeiteten Faustkeile typisch sind, und der Gebrauch des Feuers. Da sich nun sowohl entsprechende Steinwerkzeuge als auch Hinweise auf Feuerstätten im direkten Umfeld des Schädels finden, liegt der Schluss nahe, dass diese kulturellen Neuerungen nicht von einer anatomisch homogenen Gruppe verbreitet wurden.

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