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Alte DNA: Neuer Zahn vervielfacht unser Wissen über den Denisova-Menschen

Von den Denisova-Menschen, die zeitgleich mit den Neandertalern lebten, weiß man kaum etwas. Nun präsentieren Forscher einen neuen Zahn - und damit ein neues Individuum.
Eingang zur Denisova-Höhle

Die Denisova-Menschen aus der namensgebenden Höhle im sibirischen Altai-Gebirge können auf eine lange Ahnenreihe zurückblicken: Das Erbgut aus einem Backenzahn zeigt, dass die Denisovaner über einen Zeitraum von Jahrzehntausenden dort Unterschlupf suchten. Zudem geht daraus hervor, dass diese Menschenart genetisch vielfältiger war als beispielsweise die späten Neandertaler.

Von den Gen-Untersuchungen an dem 2010 gefundenen Backenzahn berichtet jetzt ein Team um Susanna Sawyer und Gabriel Renaud von Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Den Forschern aus der Arbeitsgruppe von Svante Pääbo gelang es, sowohl Sequenzen mitochondrialer DNA als auch von Kern-DNA zu gewinnen.

Das meiste, was über die Denisovaner bekannt ist, stammt aus solchen Erbgutanalysen. Wissenschaftler haben dazu alte DNA aus den wenigen Funden analysiert: einem Fingerknochen und einer Hand voll Zähne. Mit dem nun präsentierten Fundstück namens Denisova 8 wächst die Zahl der bekannten Denisova-Individuen auf drei.

Schon die sehr archaische Anatomie des Zahns, die für die Denisova typisch ist, hatte Hinweise auf den einstigen Besitzer gegeben. Die Analyse der leider nur sehr spärlich darin enthaltenen Erbgutreste bestätigt nun diese Annahme.

Der Backenzahn Denisova 8 | Die Wissenschaftler mussten den im Jahr 2010 entdeckten Zahn aus diversen Bruchstücken zusammenfügen. Er ist – wie es für Denisova offenbar über Jahrzehntausende hinweg typisch war – auffällig groß.

Ein Ergebnis der Studie ist, dass der neue Fund Denisova 8 wesentlich älter ist als der bekannte Zahn und der Fingerknochen. Während Letztere auf ein Alter von 50 000 Jahren datiert werden, könnte der neue Zahn noch einmal gut 60 000 Jahre älter sein. Das ergibt sich aus einem Stammbaum der mitochondrialen DNA, für den Forscher die Zahl der sich im Lauf der Zeit ansammelnden Mutationen in den verschiedenen Abstammungslinien berücksichtigten.

Das Team analysierte zudem die Kern-DNA der Denisova-Zähne und errechnete ein Maß für die genetische Vielfalt. Verglichen mit ihren Zeitgenossen, den Neandertalern, bewahrten sich die Denisovaner einen großen Genpool. Dies deutet stark darauf hin, dass sie über einen großen geografischen Raum verbreitet waren – möglicherweise bis in den Süden des asiatischen Kontinents, wo sie auf moderne Menschen gestoßen sein könnten. Dies würde erklären, wie heute lebende Menschen, insbesondere Bewohner Ozeaniens, einen so hohen Anteil an Denisova-DNA bekommen konnten.

Aus einem Vortrag bei dem Jahrestreffen der European Society for the study of Human Evolution in London im September 2015 geht hervor, dass neben dem nun vorgestellten Backenzahn auch ein weiterer Zahn – der Milchzahn eines Kindes – bereits genetisch untersucht und den Denisova zugeordnet wurde. Damit liegt die Zahl der bekannten Individuen tatsächlich bei vier. Der Milchzahn könnte laut "Science" noch einmal erheblich älter sein.

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