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Usutu-Virus: Neues Amselsterben in Deutschland?

Aus den warmen Regionen Deutschlands mehren sich die Meldungen über tote Singvögel. Ein exotisches Virus rafft vor allem Amseln dahin.
Amsel im Winter

Das Usutu-Virus geht womöglich wieder um in Deutschland: Der aus tropischen Regionen Afrikas stammende Erreger machte 2011 von sich reden, als in der Rheinebene im Südwesten Deutschlands tausende Amseln daran starben und der Bestand regional stark zurückging. Seit Ende Juli häufen sich beim Naturschutzbund (NABU) wieder Meldungen zu kranken und kurze Zeit später verendeten Amseln, in denen Veterinärmediziner teilweise das Usutu-Virus nachweisen konnten. Die Mehrzahl der bislang eingegangenen rund 100 Berichte stammte erneut aus dem Rheintal und anderen wärmebegünstigten Regionen, etwa um Untermain oder unteren Neckar – dort wütete Usutu vor fünf Jahren ebenfalls. Nun gebe es erste Hinweise aus Sachsen rund um Leipzig sowie aus Berlin, so der NABU. Und auch in Frankreich, Belgien und den östlichen Niederlanden konnten Forscher das Virus nachweisen: Offenkundig breitet es sich weiter aus. Der NABU bittet darum, tote und kranke Amseln online zu melden.

"Durch das Virus verursachte Todesfälle unter Vögeln treten jeweils während der Mückensaison von Mai bis November auf. Befallene Vögel wirken offensichtlich krank, werden apathisch, flüchten nicht mehr und sterben meist innerhalb weniger Tage. Fast immer sind es Amseln, bei denen diese Krankheit festgestellt wird, weshalb die Usutu-Epidemie auch als 'Amselsterben' bekannt wurde", erklärt NABU-Vogelschutzexperte Lars Lachmann. Die Dunkelziffer ist dabei allerdings hoch, denn viele Tiere ziehen sich zum Sterben zurück und werden nicht gefunden. Usutu kann zudem andere Arten wie Stare und Sperlinge sowie Haustiere wie Kanarienvögel befallen. In Einzelfällen erkranken sogar Menschen, wie der letzte Ausbruch gezeigt hat. Insgesamt wurden europaweit fünf Fälle einer Ansteckung bekannt, doch waren fast ausschließlich Personen mit vorweg schon stark beeinträchtigtem Immunsystem betroffen.

Das Usutu-Virus wurde wahrscheinlich über Zugvögel aus Afrika eingeschleppt. Hier verbreiten es unsere normalen Hausmücken (Culex pipiens). In ihnen kann das Virus den Winter überdauern – die Insekten können es also übertragen, ohne vorher an infizierten Vögeln zu saugen. Aus diesem Reservoir können dann im Folgejahr neue Seuchenzüge hervorgehen. Während der letzten Epidemie, die bis 2012 anhielt, starben nach Schätzungen des NABU rund 300 000 Amseln – der deutsche Gesamtbestand liegt bei ungefähr acht Millionen Tieren. Das Virus gefährdet die Art demnach nicht im Ganzen, zumal die überlebenden Tiere resistent werden.

Wie der Usutu-Ausbruch weitergeht, ist kaum zu prognostizieren. Der vergangene Sommer bot optimale Bedingungen für Stechmücken, die sich massenhaft vermehrten und so zahlreich als Überträger in Frage kommen. "Andererseits geht man davon aus, dass die Vögel zunehmend individuell erworbene Resistenzen gegen dieses neue Virus entwickeln, so dass es sich vermutlich räumlich weiter ausbreiten, aber nicht mehr zu so offensichtlichen Massensterben wie im Jahr 2011 führen wird", so der NABU. Kurz: Zwar werden immer wieder gehäuft Amseln daran sterben, aber wohl nicht in artgefährdendem Ausmaß.

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