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Forschung in Europa: Neues Selbstbewusstsein

Alljährlich pilgern Wissenschaftler und Journalisten aus aller Welt zur großen Konferenz der AAAS (American Association for the Advancement of Science) über den großen Teich, um sich in den Vereinigten Staaten über den aktuellen Stand der Forschung zu informieren. Nun will man in Stockholm zum ersten Mal die Forschungswelt aus der europäischen Perspektive beleuchten.
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Vielleicht zögerte die Europäische Union mit der Unterstützung der ersten paneuropäischen Wissenschaftskonferenz, weil sich die Organisatoren des EuroScience Open Forums als eine Art Graswurzel-Bewegung betrachten: Sie stammen zwar alle aus angesehenen Forschungseinrichtungen, sind aber politisch unabhängig. Die Dämme brachen erst relativ spät. Doch nun ist selbst Philippe Busquin, bis zum 1. November 2004 noch Forschungskommissar der EU, offensichtlich von der Notwendigkeit einer derartigen gesamteuropäischen Tagung überzeugt. Es wäre ja auch schwer zu begründen gewesen, warum gerade die Forscherinnen und Forscher der künftig wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Ökonomie der Welt regelmäßig in die Vereinigten Staaten pilgern müssen, um sich dort über den neuesten Stand der Forschung auszutauschen.

Ab 25. August 2004 treffen sich nun vier Tage lang nahezu 3000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus über dreißig europäischen Ländern in Stockholm zum großen Stelldichein. Sie lauschen gut einhundert Vorträgen und Workshops. Die Themen reichen von neuen Technologien und Energieperspektiven über die Evolution des Lebens bis zur Nanotechnologie und der Ethik in den Wissenschaften. Unterstützt wird die Tagung von der Wissenschaftszeitschrift Nature, die darüber hinaus zusammen mit der Marie Curie Fellowship Association junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über internationale Karrierewege informiert.

Die Teilnehmerliste der ESOF2004 liest sich wie das Who is Who der europäischen Forschergilde. Mit von der Partie sind beispielsweise Anton Zeilinger, Quantenteleporteur vom Institut für Experimentalphysik der Universität Wien sowie John Ellis, Theoretiker vom europäischen Teilchenbeschleunigerzentrum Cern, und Philip Campbell, Chefredakteur der Nature. Auch viele deutsche Forscherinnen und Forscher stellen ihre Arbeiten in Stockholm zur Diskussion. Unter ihnen Wolf Singer vom Frankfurter Max-Planck-Institut für Hirnforschung und Träger des Communicator-Preises 2003, Albrecht Wagner, Vorsitzender des Direktoriums des Deutschen Elektronen-Synchrotrons Desy in Hamburg sowie Hans Joachim Schellnhuber, Gründungsdirektor des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung und Albrecht Beutelspacher von der Universität Gießen, der sich durch seine didaktischen Vorträge und Artikel zur Mathematik hervorgetan hat.

Das EuroScience Open Forum versteht sich jedoch nicht nur als Konferenz im herkömmlichen Sinne. Die Organisatoren – darunter Jean-Patrick Connerade vom Imperial College London, Jens Degett von der European Science Foundation, Straßburg, und Ekkehard Winter vom Deutschen Stifterverband betrachten die Veranstaltung vielmehr als Bühne für einen offenen Dialog über alle wissenschaftliche Disziplinen – die Geisteswissenschaften explizit eingeschlossen. Mit "Science in the City" gehen die Forscherinnen und Forscher auf die Straßen und Parks Stockholms. Sie zeigen Filme und lassen Theaterstücke aufführen. Spezielle Angebote richten sich an Schulen, um die Jugend für die Wissenschaften zu interessieren und zu sensibilisieren.

Falls sich die Konferenz bewähren sollte, ist geplant, sie alle zwei Jahre in einer anderen europäischen Stadt stattfinden zu lassen. Als Ausrichtungsort für 2006 ist die bayerische Landeshauptstadt München ganz groß im Gespräch. Doch zunächst steht nun Stockholm an. spektrumdirekt berichtet für Sie aus der schwedischen Hauptstadt.

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